Ernst-Günther Tietze: "Verdacht in Dresden", Leseproben 

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Aus Fall 1 „Verdacht im Dreieck“                      Literaturverzeichnis

Was für eine schöne Leiche“, sagte Kriminalhauptkommissar Jürgen Wellmann leise, als er der Toten ins Gesicht schaute, „ein Jammer, dass diese Frau so jung sterben musste.“ Vor ihm lag eine etwa 30 jährige Frau mit langen rotblonden Haaren, deren übriger Körper mit einem Tuch bedeckt war. Wellmann war zum Klinikum Dresden-Neustadt gerufen worden, weil die Notfallärztin ein Verbrechen vermutete. Was er erfuhr, ließ ihn zur selben Ansicht kommen: Um 20:16 hatte ein anonymer männlicher Anrufer der Feuerwehr eine hilflose Person auf einer Bank am Alaunplatz gemeldet. Die Rettungssanitäter fanden die auf der Bank liegende Frau lebend und brachten sie zur Notaufnahme, wo sie nur noch schwach atmete und eine Sauerstoffmaske erhielt. Beim Entfernen ihres braunen Anoraks fand die Notärztin Blut auf dem rosa Pullover und beim weiteren Entkleiden einen tiefen Einstich unter der linken Brust. Der Stich hatte wohl zunächst nur die Hauptschlagader beschädigt, aber beim Umbetten nach dem Transport im Krankenwagen war sie aufgerissen und die Frau innerlich verblutet. Ehe die Ärztin etwas unternehmen konnte, kollabierte die Frau und war nicht mehr zu reanimieren. Weil die Ärztin eine Fremdeinwirkung erkannte, benachrichtigte sie die Mordkommission. Nach einer halben Stunde waren zwei Beamte in der Klinik.

Im gegenüberliegenden Haus am Bischofsweg wurde die Kommissarin fündig. Eine alte Dame im ersten Stock hatte die auf dem Handy abgebildete Frau ein paar Mal ins Haus kommen gesehen, auch heute Abend beim Beginn der Tagesschau, konnte aber nicht sagen, welchen Mieter sie besuchte und wann sie gegangen war. Die Kommissarin klingelte an allen Türen, aber wo jemand öffnete, kannte man die Dame nicht. Manche waren unwillig, zu dieser späten Stunde gestört zu werden. Bei zwei Wohnungen im vierten Stock, in denen niemand öffnete, wollte sie morgen noch mal nachfragen. So beendeten die beiden ihre Aktivitäten um halb elf.

Die Rechtsmedizinerin bestätigte die Identität der Blutpuren auf der Bank mit dem Blut der Toten. Zusätzlich zu der Stichwunde, die von einem ca. 20 cm langen Messer herrührte, fand sie Hämatome an den Handgelenken und stellte fest, dass die Frau im vierten Monat schwanger war. Eine Vergewaltigung konnte sie eindeutig ausschließen, ebenso einen Geschlechtsverkehr im zurückliegenden Zeitraum.

Im Kommissariat nahmen die drei sich alle öffentlichen Datenbestände vor, auf die sie Zugriff hatten, und jeder durchsuchte einen Bereich nach den Namen der Mieter. Nach einer Weile rief Duru: „Ich hab‘ was“, und zeigte den Kollegen ihren Fund. Der Mann in der zweiten Etage, den sie zwar am Freitagabend, aber gestern und heute nicht angetroffenen hatten, war der 31 jährige Luc Soltau, der außer am Bischofsweg auch mit einer Frau und einem Kind in der fünf Minuten entfernten Bachstraße gemeldet war. „Das könnte unser Mann sein!“, rief der Hauptkommissar, „kommen Sie, Duru, wir fahren hin.“ Die junge Kommissarin freute sich über die Aufforderung und startete den Dienstwagen, während Oberkommissar Schuster sich wieder mal ärgerte, dass der Chef in der letzten Zeit nur noch mit der jungen Kollegin fuhr und er im Büro die Stellung halten musste.

In der Bachstraße standen die beiden vor einem schmucken Einfamilienhaus, doch niemand öffnete. Anscheinend war die Familie ausgeflogen. Wieder im Amt durchsuchten sie zu dritt alle verfügbaren Datenbestände mit dem Namen des Mannes und fanden nichts Auffälliges. Wegen des nur unbestimmten Verdachts konnten sie auch hier nicht mit der Genehmigung rechnen, die Konten und Verbindungen des Mannes einzusehen oder die Villa zu durchsuchen. Da es schon spät war, schickte der Hauptkommissar das Team in den Feierabend.

 Drei Jahre vor diesen Ereignissen fotografierte der Modefotograf Luc Soltau auf Kreta Bademoden. Er hatte endlich wieder einen ordentlichen Auftrag mit seiner bewährten Idee gewonnen, die Models als normale Touristen beim Schwimmen im Wasser, beim Herauskommen und Räkeln auf der Strandliege abzulichten und sie lächeln zu lassen, statt sie nur steril darzustellen. Auf diese Weise konnte er die neuen Badeanzüge und Strandkleider besser ins Licht bringen, als andere Fotografen.

Bei den Aufnahmen fiel Luc das blonde Model Evelyn Möller auf, sie war hübsch und hatte eine gute Figur, modelte aber bisher nur in der zweiten Klasse. Im Gegensatz zu den meist unnatürlich aufgemachten Damen schminkte sie sich behutsam und zeigte einen natürlichen Charme. Als Schmuck trug sie nur einen kleinen Brillantring am linken Ringfinger. Auch Evelyn war von Lucs Art zu fotografieren angetan, sein Gesicht mit dem Backenbart gefiel ihr und eine derart natürliche Arbeitsweise hatte sie noch nicht erlebt. Dieser Mann schien ihr wert, sich näher mit ihm zu beschäftigen, und nach den Aufnahmen suchte sie im Internet nach seiner Vergangenheit. Sie fand hervorragende Bewertungen aus früheren Jahren und seinen langsamen Abstieg. Als sie nach dem Grund suchte, erkannte sie mit dem von ihrer Mutter geschulten Blick, dass der Mann ein Drogenproblem hatte, und beschloss ihm zu helfen. Die Verbindung zu einem wieder voll einsatzfähigen Luc Soltau könnte ihr vielleicht die Chance geben, für bessere Labels zu modeln. Auch Luc wollte dieser interessanten Frau näher kommen und lud sie abends in die Bar ein, doch sie schlug vor, ein paar Schritte zu laufen, bis sie 500 Meter vom Hotel entfernt in einem Kafenion landeten.

Bei Metaxa und Oliven kamen die beiden ins Gespräch, doch als Luc der Frau einen Joint anbot, reagierte sie schroff abweisend: „Ich nehme solch Zeug nicht und wenn du dir das reinziehst, werde ich sofort meinen Metaxa bezahlen und gehen“, sagte sie mit Entschiedenheit. Erschrocken entschuldigte sich Luc, das sei doch nur ein harmloser Joint, doch Evelyn sah ihm lange in die Augen, bis sie antwortete: „Es gibt keine harmlosen Drogen, das weiß ich von meiner Mutter, die in der Drogenberatung arbeitet. Ich bin Krankenschwester und studiere nebenbei Medizin, dadurch kenne ich das Problem auch.

Ich habe dir gleich angemerkt, dass du ein Junkie bist. Du bist am Set fahrig und unkonzentriert, hast zwar gute Ideen, kannst sie aber nicht richtig realisieren und in deinen Augen sehe ich, wie tief du drinsteckst. Deine Haut ist trocken und pickelig. Gefällt es dir denn wirklich, miserabel bezahlt für die billigsten Labels zu arbeiten? Ich mag dich ein bisschen und möchte dir helfen, aus der Sucht rauszukommen, denn ich habe recherchiert, was für ein begnadeter Fotograf du mal warst. Das geht aber nur, wenn du ab sofort keinen Joint mehr anrührst. Bitte denk darüber nach.“ Sie erhob das Glas und sah Luc in die Augen. Der überlegte einen Moment, dann stieß er mit ihr an. „Ich danke dir, denn ich habe längst gemerkt, was das Zeug mit mir macht. Mit deiner Hilfe komme ich vielleicht davon los“, sagte er leise. Evelyn überlegte einen Moment, dann bat sie: „Erzähl‘ mir ein bisschen von dir.“

„Will ich das wirklich auf mich nehmen?“, fragte Evelyn sich einen Moment lang, doch dann kam die Hoffnung in ihr auf: „Ja, das schaffe ich, denn dieser Mann ist es wert, und ich will ja auch davon profitieren!“ Sie beugte sich zu ihm und drückte ihm einen Kuss auf die Wange, dann sagte sie leise: „Ja ich will dir helfen, wenn du dir wirklich helfen lassen willst, denn dann sehe ich für dich noch eine erhebliche Entwicklung.“ Luc nickte begeistert, zahlte den Weinbrand und die beiden schlenderten langsam zum Hotel zurück. Luc hatte gehofft, dass Evelyn mit in sein Zimmer kommen würde, doch sie verschwand in ihrem Zimmer, nachdem sie ihn noch einmal auf die Wange geküsst und ihm eine gute Nacht gewünscht hatte. Als er im Fernsehen nichts Vernünftiges fand, kam die Sucht in ihm auf, den Kick nachzuholen, auf den er nach Evelyns Worten im Kafenion verzichtet hatte. Doch noch konnte er sich beherrschen und ging ins Bett, um über den Abend mit ihr nachdenken. Auf der einen Seite liebte er das Gefühl, das ihm die Droge immer wieder vermittelte, und das ihm jetzt durch den Verzicht auf den Joint fehlte. Auf der anderen Seite war er intelligent genug, den beruflichen Abstieg zu begreifen, den er durch das Kiffen erlitten hatte. Evelyns Angebot, ihm zu helfen, war eine gewaltige Chance, aus der Sucht heraus zu kommen und wieder das zu werden, was er einmal war. Im Innersten wusste er, dass ihm diese Frau wertvoll geworden war, ganz anders als alle bisherigen Beziehungen. Doch eine Verbindung mit ihr war nur möglich, wenn er eisern auf jegliche Droge verzichtete. „Ich will es schaffen“, rief er laut, stieg aus dem Bett und nahm eine lange kalte Dusche, um die Sehnsucht nach dem Joint zu überwältigen.

Beim Frühstück am nächsten Morgen setzte sich Evelyn wie selbstverständlich zu ihm an den Tisch. Nachdem sie ihm wieder lange in die Augen geschaut hatte, sagte sie leise: „Ich gratuliere dir, du bist clean geblieben. Gestern Abend war ich mir nicht sicher, ob du es schaffen würdest, und ich bin bewusst nicht mit dir gekommen, denn du musstest alleine mit der Sucht fertig werden. Wenn du magst, können wir Freunde werden.“ Als Luc erzählte, dass er die Sucht mit dem Wunsch, ihr Freund zu sein und letztlich mit einer kalten Dusche überwunden hatte, lachte sie herzlich und küsste ihn über den Tisch auf die Wange. Auf Lucs Frage nach ihrem Alter ließ sie ihn raten und er schätzte sie auf 24. „Wenn du ein Jahr zugibst, liegst du richtig“, lachte sie und meinte, er sei wohl zehn Jahre älter als sie. „Ich glaube, die Drogen lassen mich älter aussehen als ich wirklich bin“, sagte er schuldbewusst, „bei mir musst du fünf Jahre abziehen.“

Am Vormittag wurden die Aufnahmen beendet und bald startete ihr Flieger vom nahen Flughafen nach Frankfurt. Im Flugzeug hatten sie ihre Mailadressen, Telefonnummern und Anschriften ausgetauscht, Luc wusste jetzt, dass Evelyn Berlinerin war. Sie waren übereingekommen, in Kontakt zu bleiben und drückten zum Abschied ihre Wangen aneinander.

 Montag früh kam vom Polizeirevier an der Stauffenbergallee eine Vermisstenmeldung auf den Tisch der Kommissare: Die Kindergärtnerin Susanne Hacker wurde seit zwei Tagen im Kindergarten am Alaunplatz vermisst. Der Hauptkommissar fuhr mit Duru zum Kindergarten, wo sie erfuhren, dass die Frau am Samstag und auch heute nicht zum Dienst erschienen war. Weder über das Festnetz noch über ihr Handy sei sie erreichbar und an ihrer Wohnung öffne niemand. Als die Kommissarin das Bild der Toten zeigte, bestätigte die Leiterin, sie sei die Vermisste. Jetzt wussten die beiden immerhin, wer die Tote war.

Die Kommissare fuhren zur Martin-Luther-Straße und ließen sich die Wohnung der Toten öffnen, um nach Anhaltspunkten für den Mord zu suchen. Sie fanden aber nur die gut aufgeräumte Wohnung mit den Utensilien einer berufstätigen Frau, während Papiere, Geld und Handy nicht zu finden waren. Eine ältere Nachbarin schilderte die Tote als sehr ordentliche junge Frau, die nie Herrenbesuch hatte, aber manche Nacht nicht zu Hause gewesen sei. Der Telefonspeicher der Toten zeigte die Nummer ihrer Eltern und eine Handynummer mit dem Namen „Soltau“, das letzte Gespräch fand am Freitag um 19:32 statt und dauerte nur zwei Minuten. „Das war wohl eine Verabredung zum Besuch am Bischofsweg“, meinte Wellmann und fuhr grinsend fort: „Hier haben wir die dritte Ecke des Liebesdreiecks, und die Wahrscheinlichkeit wächst, dass der Mörder an einer der beiden anderen Ecken zu finden ist. Lassen Sie uns nach irgendwelchen Unterlagen über diese Verbindung suchen.“ Trotz intensiver Suche fanden sie nichts. Eine Mappe mit Kontoauszügen steckten sie ein.

„Sollten wir Luc Soltau zur Fahndung ausschreiben?“, schlug Duru vor, als sie wieder im Kommissariat waren, doch der Chef meinte, dafür reichten die Verdachtsmomente noch nicht aus. Aufgrund der Telefonverbindungen gestattete der Untersuchungsrichter den Zugriff auf Soltaus Konten, wo sie immer wieder beträchtliche Einnahmen von renommierten Modefirmen und die üblichen laufenden Ausgaben eines wohlhabenden Haushalts fanden. Anscheinend wurde auch viel bar bezahlt, denn öfter erfolgten Barauszahlungen. Die mit angemeldete Evelyn Möller hatte eine Scheckkarte und Vollmacht für das Konto und außerdem ein Konto unter ihrem Namen, auf das ebenfalls immer wieder erhebliche Zahlungen bekannter Modefirmen eingegangen waren.

„Es wird immer wahrscheinlicher, dass Soltau seine Geliebte umgebracht hat. Wenn wir ihn morgen nicht in seinem Haus antreffen, schreiben wir ihn zur Fahndung aus“, bestimmte der Hauptkommissar. „Ich habe eine andere Idee“, warf Duru nachdenklich ein. „Vielleicht ist er irgendwo zu einem Fotoauftrag gereist und hat die Familie mitgenommen. Aus den Einnahmen auf seinem Konto kennen wir die Firma, für die er zurzeit arbeitet und können dort vielleicht erfahren, wo er jetzt ist.“ „Danke, Duru, das ist eine tolle Idee“, lobte der Chef seine junge Kollegin. Leider war es so spät geworden, dass sich bei der Firma niemand mehr meldete. Da sie nichts weiter unternehmen konnten, machten sie Feierabend.

Am nächsten Morgen riefen sie das Modehaus in Düsseldorf an, von dem die letzte Zahlung an Luc Soltau gegangen war und erhielten die Antwort, die Aufnahmen dauerten noch bis morgen, aber ihres Wissens wollten die beiden noch ein paar Tage in Paris bleiben. Sie nannte sogar das Hotel, in dem sie untergekommen waren. „Ein bisschen schlauer sind wir jetzt, aber was machen wir mit unserem Wissen? Wir können die beiden ja schlecht in Paris verhaften lassen, dafür haben wir zu wenig gegen sie in der Hand. Wie können wir erfahren, wann sie wieder in Dresden sind?“

Als Luc Soltau vor drei Jahren nach dem Fotoshooting auf Kreta abends in Dresden ankam, wusste er, dass er in der nächsten Woche keine Aufträge haben würde. Nach dem Abendessen konnte er wieder unter Einsatz seines ganzen Willens die Sucht nach einem Joint überwinden und beschloss beim Einschlafen, an den nächsten Tagen grundlegend über sein Leben nachzudenken. Am Samstag sichtete er als Erstes die Bilder aus Kreta, verbesserte sie, wo es nötig war, lud sie mit seiner Rechnung auf die Webseite von Dessous Exclusives hoch und druckte sie für sich. In seiner Box fand er eine Mail von Evelyn, über die er sich sehr freute:

Berlin, 25. 5. 2013 Lieber Luc,

ich denke noch gerne an unsere Begegnung auf Kreta, denn ich glaube, Du bist ein wertvoller Mensch, mit dem ich in Verbindung bleiben möchte. Ich habe mich sehr über Deine Stärke gefreut, die Du am Abend nach unserem Gespräch bewiesen hast, als Du auf den Joint verzichtetest, und ich hoffe, dass Du auch weiterhin stark bleibst. Meine Mutter sagt, wenn Du auf Dauer clean bleiben willst, musst Du Deinen Körper entgiften, das dauert eine Weile und braucht viel Willenskraft.

Das Rezept ist einfach: Natürlich leben. Halte Dich viel in der frischen Luft auf, schlafe ausreichend, treibe Sport und verzichte auf Alkohol, Nikotin und Kaffee. Iss mäßig und so, wie wir es auf Kreta hatten, kein Fleisch sondern Fisch, viel Obst, Gemüse und Salat. Trinke viel, mindestens zwei Liter pro Tag, am besten sind Milch und Obstsäfte, aber Wasser tut es auch. Es muss gar kein Mineralwasser sein, das Leitungswasser ist überall in Deutschland gut. Diese Kur musst Du mindestens einen Monat durchhalten, den Fortschritt kannst Du an Deiner Haut sehen. Ich bin sicher, Du schaffst es.

Um mich von Deinen Fortschritten zu überzeugen, möchte ich Dich am nächsten Wochenende besuchen. Weißt Du ein billiges Hotel in Deiner Nähe? Ich könnte Freitag nach dem Dienst fahren und wäre am frühen Abend in Dresden. Sonntagabend müsste ich wieder los. Wenn Dir mein Besuch recht ist, gib doch bitte bald Bescheid, damit ich das Ticket kaufen kann. Ganz im Geheimen muss ich Dir gestehen, dass ich mich ein bisschen in Dich verliebt habe.

Bis Freitag herzliche Grüße und Küsschen, Evelyn

Nachdem Luc die Mail gelesen hatte, verbrannte er alles, was er noch an Drogen besaß, dann dachte er darüber nach, wie er Evelyns Entgiftungsrezept umsetzen könnte. „Keine Drogen, das ist klar, aber es wird mir schwerfallen. Kein Alkohol und kein Tabak, das ist zwar schade, aber leichter zu realisieren, denn das sind nur Genussmittel. Kaffee trinke ich eh‘ nur, weil es üblich ist, stattdessen werde ich Tee trinken. Fleisch habe ich nie in Mengen gegessen, trotzdem sind jetzt die Broiler und der rohe Schinken zum Abendbrot erst mal tabu. Ich werde viel Fisch essen, wenn auch gute Seefische hier nur gefroren zu haben sind. Obst habe ich schon immer gern gemocht und an Salat und Gemüse werde ich mich gewöhnen. Auch viel trinken ist kein Problem, es muss ja nicht Milch oder Leitungswasser sein, ich werde Fruchtsäfte kaufen. Bleibt noch der Sport, dafür hatte ich schon als Junge nicht viel übrig und meine Figur zeigt das. Ein Sportverein kommt nicht in Frage, dafür bin ich zu viel unterwegs. Täglich eine Stunde stramm joggen wäre möglich. Da mir das die größte Freiheit bietet, werde ich das tun, obwohl ich mich immer wieder dazu zwingen muss.

Evelyn arbeitete zusätzlich zum Studium halbtags als Krankenschwester in der Charité, jetzt in den Semesterferien sogar in Vollzeit. Es war schwierig, diesen Dienst mit dem Studium zu vereinbaren, aber im Allgemeinen gelang es ihr. Sie freute sich dass, dass Luc clean geblieben war und wie gut er ihre Entgiftungsratschläge annahm. „Zuerst habe dich nur als Möglichkeit angesehen, als Model weiter aufzusteigen, aber jetzt merke ich, dass du mir als Mensch auch schon eine ganze Menge bedeutest“, dachte sie. „Ich habe mich wohl wirklich schon ein bisschen in dich verliebt. Montag schrieb sie eine kurze Mail an Luc, sie würde Freitag um 17:02 in Dresden Neustadt ankommen und nehme sein Angebot für das Gästezimmer gerne an. „Ich freue mich auf die Tage mit Dir“, fügte sie hinzu.

Freitag kaufte Luc eine Schachtel Konfekt und legte sie im Gästezimmer unter das Kopfkissen. In der Hoffnung auf die Nacht bezog er die Betten im Schlafzimmer mit frischer Wäsche. Schon um 16:45 war er am Bahnhof Neustadt und kaufte eine langstielige rote Rose. Als der Zug endlich einlief, sah er Evelyn sofort und nahm sie in die Arme. „Geschafft!“, rief sie und küsste ihn wieder leicht auf die Wange, was er gerne erwiderte. „Du musst mal gut verdient haben, um dir das leisten zu können“, staunte Evelyn in Lucs Haus, worauf er antwortete: „Ja, aber das ist lange her. In den letzten Jahren war ich so blöd, mein ganzes Geld für die Scheißdrogen auszugeben und konnte kaum die Hypotheken bedienen. Du hast mir auf Kreta und mit deiner Mail die Hoffnung gegeben, zu einem sauberen und erfolgreichen Leben zurück zu finden und ich bin dir unendlich dankbar für deine Hilfe. Und wenn du mich ein bisschen liebst, wie du geschrieben hast, kann vielleicht etwas Schönes daraus werden, denn ich habe mich schwer in dich verliebt.“ „Ich bin doch auch schon über das ‚bisschen‘ hinaus, flüsterte Evelyn und zum ersten Mal fanden sich die beiden zu einem zarten Kuss.

„Wie ist es dir denn gesundheitlich gegangen?“, wollte Evelyn wissen. „Ich habe mich voll an Ihr Rezept gehalten, Frau Doktor“, erwiderte Luc stolz. „Keine Drogen, wenn es mir auch schwer fiel, zum Glück hatte ich alles verbrannt, dazu weder Alkohol noch Tabak oder Kaffee, viel Obst und Gemüse, kein Fleisch, sondern Fisch und viel Flüssigkeit. Außerdem bin ich jeden Tag eine halbe bis eine Stunde stramm gejoggt, auch das fiel mir am Anfang nicht leicht.“ „Ich gratuliere dir, du hast etwas Tolles geleistet. Ich habe schon auf dem Bahnhof gesehen, dass es dir besser geht. Wenn du dabei bleibst, bist du in einem Monat wieder vollkommen fit.“

Als Luc aus dem Bad kam, sah er Evelyn im Nachthemd ins Schlafzimmer gehen. Er folgte ihr ins Bett und beugte sich behutsam zu ihr hinüber, um sie zu küssen. Schließlich zog er ihr das Nachthemd über den Kopf und streichelte und küsste ihre schönen Brüste. Auch Evelyn wurde aktiv, zog ihm den Pyjama aus und liebkoste ihn am ganzen Körper, wobei sie erfreut seine zunehmende Erregung wahrnahm. Luc strich über ihren Bauch bis zu ihrer empfindlichen Stelle und sie reagierte mit leisem Stöhnen. Schließlich zog sie ihn zu sich heran und er bewegte sich behutsam, bis sie beide einen wundervollen Höhepunkt erlebten. Als er seine Geliebte danach noch weiter umarmte und küsste, sagte sie, sie habe nicht gewusst, dass es solch ein schönes Nachspiel geben könne. Lange noch lagen sie Arm in Arm, bis sie glücklich einschliefen.

Als Luc Sonntag früh aufwachte, schaute er in Evelyns liebes Gesicht, das ihn vollkommen anders anstrahlte als seine vielen vorigen Begegnungen. Jetzt wusste er, dass er nicht mehr alleine durch die Welt gehen musste, er hatte die Frau für sein Leben gefunden. Beim Frühstück sagte er ihr das und sah ein glückliches Lächeln auf ihrem Gesicht. „Das wünsche ich mir doch schon, seit ich dich auf Kreta kennen gelernt habe“, sagte sie leise, „ich war mir nur nicht darüber klar, ob du von den Drogen loskommst. Jetzt kann ich dir sagen, dass ich mein Leben mit deinem verbinden möchte. Wie wir das machen, müssen wir überlegen, aber ich will dich nicht mehr lassen.“ Da sprang Luc auf und umarmte die Geliebte, bis sie sich wieder zu einem tiefen Kuss fanden. Nach dem Essen überlegten sie, wie sie die gemeinsame Zukunft gestalten könnten, die sie beide unbedingt wollten. „Du willst sicherlich dein Haus nicht aufgeben und ich nicht mein Studium und die Schwesterntätigkeit“, dachte Evelyn laut, „da bleibt fürs Erste nur eine Fernbeziehung mit Besuch an jedem Wochenende hier in Dresden, denn bei meiner Mutter habe ich nur ein Zimmer. Ich könnte versuchen, zum nächsten Semester hierher zu wechseln, wenn du mich wirklich ständig bei dir haben willst.“ „Natürlich will ich das, denn ich will dich auf keinen Fall mehr lassen“, rief Luc und umarmte die Geliebte. „Bleibt noch mein Beruf als Krankenschwester, den ich schon wegen der praktischen Erfahrung nicht aufgeben möchte, solange ich studiere“, fügte Evelyn hinzu, „wenn ich hier einen Studienplatz kriege, werde ich mich auch um eine Stelle bemühen.

Von nun an verbrachte Evelyn jedes Wochenende in Dresden und die Liebe der beiden wurde immer fester. Manchmal fuhren sie zu einem interessanten Ort, wanderten, besichtigten die Sehenswürdigkeiten und genossen die örtlichen Spezialitäten. Mit den Bildern von Kreta gelang es Luc, von einer renommierten Kleiderfirma einen Fotoauftrag für Bademoden zu erhalten, den er zur Zufriedenheit abwickelte. Das animierte den Artdirector, ihm versuchsweise auch andere Aufnahmen anzubieten. Luc sagte gerne zu und konnte sogar Evelyn als Model bei einigen Aufnahmen mit einbringen. Seine Bilder waren wieder hervorragend, nur mit der mäßigen Bezahlung mussten sie sich fürs Erste zufrieden geben, doch sie wussten, dass es mit der Zeit besser würde.

Als es Evelyn gelang, zum Wintersemester nach Dresden zu wechseln und auch eine Halbtagsstelle als Schwester in der Uniklinik zu bekommen, zog sie in Lucs Haus und die beiden konnten ständig zusammen sein. Bei Luc hatte die Entgiftung gut angeschlagen, er war wieder voll einsatzfähig, behielt aber die gesunde Ernährungsweise und den Sport bei. Nachdem  sie erfolgreich für Umstandsmoden gemodelt hatte, gebarsie im Juli 2015 einen Sohn, den sie nach ihrem Vater Gunther nannten. Da das Studium und das Kind sie voll forderten, musste sie in der ersten Zeit auf das Modeln verzichten, bis sie den Sohn tagsüber in der nahegelegenen Krippe unterbringen konnten. Dort wurden die beiden mit einer Kindergärtnerin vom benachbarten Hort bekannt, die den Sohn jeweils ein paar Tage zu sich nahm, wenn sie zu einem Fotoshooting reisen mussten. Trotz der zusätzlichen Belastungen durch das Modeln und den Halbtagsjob als Krankenschwester legte Evelyn zum Ende des Wintersemesters 2015/16 ihr Arztexamen ab. „Ich bin dir unendlich dankbar, wie du mich während des Studiums und bei der Vorbereitung auf das Examen in deiner Liebe geborgen hast, ich weiß nicht, ob ich das alleine so gut geschafft hätte“, flüsterte Evelyn bei der Abschlussfeier Luc ins Ohr und stieß mit einem Glas Champagner mit ihm an. Dann küsste sie ihn vor allen Anwesenden.

Am Sonntagabend klingelten die Kriminalbeamten an der Haustür und wurden freundlich hinein gebeten. Die Kommissarin erkannte Luc sofort als Mieter der Wohnung im zweiten Stock. Als sie den beiden das Bild der Toten auf ihrem Handy zeigte, rief Luc erschrocken: „Das ist Frau Hacker, die Kindergärtnerin, was ist mit ihr passiert?“ „Das würden wir gerne von Ihnen wissen“, antwortete der Hauptkommissar erbost, „schließlich hatten sie häufig Kontakt mit ihr und sie ist kurz vor ihrer Ermordung bei Ihnen gewesen.“ „Das kann nicht sein, wir waren eine Woche in Paris“, mischte Evelyn sich in das Gespräch ein. „Ja, aber der Mord ist schon vor neun Tagen passiert, als Sie noch in Dresden waren“, wandte Duru sich an Luc. „Sie haben um 19:32 mit der Frau telefoniert und sie hat sie um 20 Uhr in Ihrer Zweitwohnung am Bischofsweg besucht. Haben Sie da ein Liebesnest mit der Frau und sie umgebracht, weil sie von Ihnen schwanger war und damit Ihre Beziehung zur Mutter Ihres Sohnes gefährdete? Ich habe Sie noch am Abend nach dem Mord mit diesem Bild befragt, ob Sie die Tote kennen, und jetzt erklären Sie uns bitte, warum Sie es geleugnet haben und in welchem Verhältnis die Tote zu Ihnen gestanden hat.“

Verzweifelt schaute Luc Evelyn an, die die Antwort übernahm: „Frau Hacker nimmt seit einem Jahr unseren Sohn bei sich auf, wenn wir beide zu Fotoshootings reisen. In der letzten Zeit geschieht das seltener, wenn das Hotel eine Kinderbetreuung bietet, wie jetzt in Paris. Von ihrer Schwangerschaft wussten wir ebenso wenig, wie von ihren sonstigen persönlichen Verhältnissen. Die Wohnung am Bischofsweg ist kein Liebesnest, sondern das Arbeitszimmer und Fotolabor meines Mannes, weil wir nach der Geburt unseres Sohnes im Haus keinen Platz mehr dafür haben. Jetzt lassen Sie bitte Ihre üblen Verdächtigungen und suchen den wahren Mörder, dazu hätten Sie schon die ganze Woche Zeit gehabt.“ „Danke Evelyn“, sagte Luc, doch die Kommissarin fragte weiter: „Warum haben Sie an dem Abend mir gegenüber geleugnet, die Tote zu kennen? Wenn Sie gleich zugegeben hätten, die Tote zu kennen, wären wir mit den Ermittlungen eine ganze Woche weiter. Und Sie sind sich hoffentlich darüber klar, dass Sie sich mit dieser Falschaussage hoch verdächtig gemacht haben, denn Sie sind wahrscheinlich der Letzte, der die Frau unversehrt gesehen hat. Was wollte sie denn unmittelbar vor ihrem Tod bei Ihnen, nachdem Sie sie vorher zum Besuch eingeladen hatten?“ Ärgerlich antwortete Luc: „Wie meine Frau schon sagte, hatten wir mit Frau Hacker eine rein geschäftliche Beziehung als Teilzeit-Pflegemutter für unseren Sohn, und weil sie die Zahlungen nicht versteuern wollte, bekam sie das Geld bar.

Am nächsten Tag brachte ein illegal in Dresden lebender Albaner die Kriminalisten auf eine neue Spur.

Wegen der katastrophalen Verhältnisse sehen viele junge Albaner keine Lebensperspektive mehr und verlassen zu tausenden das Land, um sich in Deutschland als Flüchtling registrieren lassen. Auch der neunzehnjährige Sali Trashani kam aus diesem Milieu und schlug sich 2014 nach Deutschland durch. Er war bei der Einreise zur Registrierung nach Dresden geschickt worden und landete in einer Flüchtlingsunterkunft wo er bald die Ablehnung der Eingesessenen kennen lernte. Als sein Asylantrag abgelehnt wurde, verschwand er aus dem Flüchtlingsheim, um nicht abgeschoben zu werden, und fand Unterschlupf bei einem Landsmann. Da wegen der strengen Vorschriften kein Unternehmer einen illegalen Albaner beschäftigt und er nur gebrochen Deutsch spricht, verlegte er sich auf Taschendiebstähle, wo er bald eine ziemliche Professionalität entwickelte. Bei passender Gelegenheit stahl er auch unbewachte Gepäckstücke auf den Bahnhöfen oder raubte Frauen, die alleine unterwegs waren, die Handtasche. Stolz überwies er gelegentlich Geld an seine Eltern, denen er weismachte, er arbeite in einer guten Stellung in Deutschland.

Dienstag berichtete in der Abteilungsleiterbesprechung der Kriminalpolizei der Leiter des Raubdezernats von einer schwierigen Festnahme am Elbufer. Weil dort in der letzten Zeit mehrere Überfälle vorgekommen waren, gingen zwei Zivilbeamte dort regelmäßig Streife. Am letzten Sonntagabend überfiel der illegal im Land lebende Albaner Sali Trashani eine Frau und entriss ihr die Handtasche. Als die Beamten ihn festnehmen wollten, ging der Mann mit einem stehenden Messer auf sie los und konnte erst durch einen Schuss in den Fuß ruhig gestellt werden. In seiner Unterkunft bei einem Landsmann wurden verschiedene Handys und viel Geld gefunden.

Als Hauptkommissar Wellmann von dem stehenden Messer des Verhafteten hörte, ließ er es zur Spurensicherung bringen. Die Klinge war zwar sauber gewischt, doch am Übergang zum Griff fanden sich winzige Reste von Susanne Hackers DNA. Mit hoher Wahrscheinlichkeit war dieser Mann ihr Mörder. Der Verdacht bestätigte sich, als unter den bei ihm gefundenen Mobiltelefonen das von Susanne Hacker entdeckt wurde und seine Fingerabdrücke mit denen vom Telefon übereinstimmten. Im Verhör leugnete er die Tat, doch da er nach dem Überfall das gestohlene Handy nicht ausgeschaltet hatte, ergab das gespeicherte Bewegungsprofil eine eindeutige Spur vom Tatort zu seiner Unterkunft. Zusätzlich identifizierte der Experte ihn als Anrufer beim Notdienst. Darauf gestand er, die Frau auf der Bank gesehen zu haben, wie sie Geld zählte. Als er ihr das wegnehmen wollte habe sie sich gewehrt und seine Hand mit dem Geld festgehalten, so dass er mit dem Messer zustach, um sich zu befreien. Da sie noch lebte, habe er den Notdienst alarmiert. Auf keinen Fall habe er sie töten wollen.

Der Mann wurde wegen Verdachts auf schwere Körperverletzung mit Todesfolge in Untersuchungshaft genommen und den Soltaus mitgeteilt, sie seien nicht mehr verdächtig und könnten Dresden beliebig verlassen. Allerdings müsse Luc mit einer Anzeige wegen seiner Falschaussage rechnen. Er fiel Evelyn um den Hals und dankte ihr für ihre standhafte Haltung bei den Befragungen.

Aus Fall 2 „Verdacht im Milieu“                      Literaturverzeichnis

 Das Fest war fantastisch, Champagner wurde angeboten und die Schmusemusik versetzte alle Teilnehmer in eine romantische Stimmung. Zur Dezennium-Feier des „Erotic Movement“ waren außer den gewohnt freizügig aber stilvoll gekleideten „Damen“ nicht nur Stammgäste, sondern auch die Stadträtin für Kultur eingeladen worden und gerne erschienen. Der große Saal des Etablissements, der mit gemütlichen Sitzecken sonst der Kontaktanbahnung diente, war mit Blumen festlich geschmückt. Die Tische waren zu einer großen, mit weißem Leinen, silbernem Besteck und kostbaren Kristallgläsern gedeckten Tafel zusammengestellt. Blüten lagen wie hingestreut darauf.

Plötzlich ertönte aus einem kleinen Nebenraum der laute Schrei einer Frau und einige Teilnehmer in den Raum stürzten. In einem der schweren Sessel lag ein mittelalter Mann zusammengekrümmt mit einem Loch im Hinterkopf, aus dem Blut tropfte. Die meisten Neugierigen wandten sich entsetzt ab, nur die Stadträtin behielt die Beherrschung und empfahl der Chefin, den Raum abzuschließen, unverzüglich die Polizei zu benachrichtigen und keinen der Gäste gehen zu lassen.

Nach zehn Minuten traf Kriminalhauptkommissar Jürgen Wellmann mit einer Rechtsmedizinerin ein und wenig später die junge Kommissarin Duru Čelik. Die Ärztin konnte nur feststellen, dass der Mann erschossen wurde und der Tod innerhalb der letzten Stunde eingetreten war. „Kennt jemand diesen Mann“, fragte Wellmann, worauf Frau Thielemann antwortete, er sei einer der Stammkunden des Hauses und habe am Diner teilgenommen. Duru Čelik beobachtete währenddessen die anwesenden Damen, wobei ihr eine außergewöhnlich hübsche junge Frau mit südländischem Aussehen und dunkelbraunen Haaren auffiel, die vergeblich versuchte, ihre Tränen aus den Augen zu wischen. Auf Wellmanns Frage, wer den Toten entdeckt habe, meldete sie sich zaghaft. Duru gab Wellmann ein Zeichen und ging mit der jungen Frau in einen Nebenraum, sie ahnte, dass zwischen dem Toten und ihr eine Beziehung bestanden haben musste, die über den einfachen Liebesdienst hinausging. „Können Sie mir ein bisschen über sich und ihn erzählen?“, fragte die Kommisssarin.

„Ich komme aus Bulgarien, und nach dem Schulabschluss sah ich keine Perspektive für mein Leben, denn die Arbeitslosigkeit ist groß. Ein meinem Vater bekannter Vermittler bot mir an, mir in Deutschland einen Job als Haushaltshilfe zu besorgen, wenn ich ihm drei Jahre lang zwanzig Prozent meiner Einkünfte zahlen würde. Mit großen Erwartungen ließ ich mich vor gut einem Jahr von dem Vermittler nach Deutschland und hierher bringen. Schnell merkte ich, dass die ‚Haushaltshilfe‘ sich als Tätigkeit in diesem Haus entpuppte. Da der Vermittler aber meinen Pass einbehalten hatte, war ich auf Gedeih und Verderb an das Haus gebunden. Zum Glück ist die Chefin eine sehr gutherzige Frau, die sich in jeder Beziehung um uns kümmert. Nachdem sie mich sehr behutsam in meine Aufgabe eingeführt hatte, fand ich nichts mehr dabei, Männern Freude zu bereiten und kam auch manchmal auf meine Kosten.

Vor zwei Monaten bekam ich einen besonders zärtlichen neuen Kunden, der sich stets bemühte, die Vereinigung auch für mich schön zu machen. Er wollte nur noch mich haben und allmählich verliebte ich mich in ihn, von ihm hatte ich denselben Eindruck. Er fragte nach meiner Herkunft und Ausbildung und staunte über meine zwölfjährige Schulzeit. ‚Mit diesem Hintergrund sind Sie für diesen Beruf zu schade‘, sagte er mit Nachdruck, und als er hörte, dass ich dem Vermittler ständig einen erheblichen Obolus zahlen muss, versprach er, mich von ihm zu befreien. Jetzt liegt er dort tot und meine Hoffnungen haben sich in Luft aufgelöst.

Die Spurensicherung fand im Raum viele Fingerabdrücke. Der Raum war als Treffpunkt eingerichtet mit Sofa, Couchtisch und zwei Sesseln, in einem von ihnen hatte der Tote gelegen. Ein Fenster zur linken Seite des Hauses war mit einem Store verhängt, die schweren Vorhänge waren offen. Die Mordwaffe war nicht zu finden, aber interessant war ein schwarzes Haar auf der Sessellehne hinter dem Toten. Das war Opfer mit einer alten russischen 9-mm-Macharow, wahrscheinlich Modell PB mit aufgesetztem Schalldämpfer, aus etwa 50 cm Entfernung von hinten er-schossen worden. „Das sieht nach Osteuropa aus, immerhin ist es schon etwas“, freute sich der Chef, „aber viel mehr wird sich heute nicht mehr ergeben.“

Montag um 8 Uhr traf sich die Gruppe wieder im Kommissariat, „Ich weiß, wie wir den Vermittler von Frau Milevska kriegen können“, rief Mark Schuster gleich nach der Begrüßung, „er kassiert doch regelmäßig die Frau ab. Sie muss uns nur einen Tipp geben, wenn sie weiß, dass er kommen wird, dann haben wir ihn.“ Duru hatte eine bessere Idee: „Frau Milevska kennt den Mann doch recht gut. Lassen wir sie ein Phantombild erstellen.“ „Duru, Sie sind eine exzellente Kriminalistin“, rief der Chef, „bitten Sie die Frau zu uns.“ Vor dem Monitor bekam sie ein erstaunlich detailliertes Bild zusammen. „Das kann uns jetzt weiter helfen“, freute sich Wellmann, „damit kriegen wir den Mann, wenn er zu Ihnen kommt.“

Bald rief, der Überwacher an sie hätten den Mann abgefangen Erbost wollte er wissen, was sie von ihm wollten, worauf der Hauptkommissar ihm erläuterte, dass am Freitag ein Kunde der Frau ermordet worden sei, die er in das Etablissement gebracht habe. Nach dem Hinweis, es sei illegal, ihren Pass einzubehalten und er müsse ihn sofort zurückgeben, war er zur Kooperation bereit und gab seine Fingerabdrücke und eine Speichelprobe ab. Die Frage, wo er am Freitag zwischen 17 und 18 Uhr gewesen sei, beantwortete er sofort: „Ich bin in Bulgarien gewesen und erst Sonntagabend über München zurückgeflogen. Hier sind meine Bordkarten.“ Auf die Frage, seit wann er in Bulgarien gewesen sei, zeigte er auch die Karten vom Hinflug am Mittwoch. Eine Nachfrage am Flughafen ergab die Richtigkeit seiner Angaben.

Duru Čelik besuchte am Abend wieder ihren Freund Bernhard. Während sie aßen, ging ihr das Problem nicht aus dem Kopf, den Killer aufzuspüren, den der Vermittler möglicherweise mit dem Mord beauftragt hatte. „Bist du noch im Dienst oder schon bei mir?“, fragte der Freund, da schilderte sie ihm das Problem. „Wo ist denn das Etablissement?“, wollte er wissen. Als sie ihm die Adresse in der Bautzner Straße nannte, fragte er, ob da nicht die Abfahrt zur Waldschlösschenbrücke in der Nähe sei. „Ja, nahe dabei“, erinnerte sie sich. „Ich glaube, da hat die Stadt eine Kamera zur Verkehrsüberwachung, vielleicht speichern sie die Aufnahmen. Schau doch mal, ob du zur Zeit des Mordes dort etwas Verdächtigen findest.“ „Ich kann nur immer wieder sagen, an dir ist ein Kriminalist verloren gegangen“, rief Duru und küsste ihn herzlich. „Aber nun lass‘ die Kriminalistik ruhen und uns etwas Besseres unternehmen.“ „Herzlich gerne“, antwortete Bernhard, „wir räumen nur schnell den Tisch ab.“

Dienstag früh verabschiedete Duru sich mit einem langen Kuss und den Worten: „Mein Lieber, hab‘ vielen Dank für die wundervolle Nacht, die du mir wieder geschenkt hast“, und fuhr ins Kommissariat. Kurz nach ihr erschien der Anwalt, dessen Name sie bei den Akten des Toten gefunden hatten. hatten. „Sie haben in der letzten Zeit mehrfach mit Hartmut Jungmann telefoniert, der Freitagabend ermordet wurde, worum ging es dabei?“ fragte der Oberkommissar. Der Anwalt überlegte eine Weile, bis er antwortete: „Herr Jungmann hat sich in eine Prostituierte verliebt, die von einem Schlepper aus Bulgarien nach Dresden gebracht worden ist. Sie hat einen Vertrag mit dem Mann, dass er sie als Haushaltshilfe vermittelt und sie ihm drei Jahre lang 20 Prozent ihrer Einkünfte zahlt. Aus diesem Vertrag wollte er sie befreien. Ich habe ihn darauf aufmerksam gemacht, dass der Vertrag in dem Augenblick ungültig wurde, als der Schlepper die Frau in ein Bordell gebracht hat. Weil er sich nicht selbst mit dem Schlepper anlegen wollte, bat er mich um Unterstützung, jedoch sollte der nichts davon erfahren. Ich schlug ihm vor, den Schlepper aufzufordern, die Dame aus dem ungültigen Vertrag zu entlassen, doch er wollte das nicht, weil er Nachteile für sie fürchtete. Dabei ist es geblieben.“

Der Hauptkommissar hatte das Gespräch mitgehört, ohne etwas zu sagen, jetzt fragte er: „Was machen wir nun mit dieser Aussage? Vielleicht weiß der Jordanoski etwas von den Absichten des Liebespaares und hat Jungmann umbringen lassen, um diese Absichten zu verhindern, denn dass er ihn nicht selber umgebracht hat, steht aufgrund seiner Flugdaten fest.“ „Wenn er einen Killer dafür organisiert hat, muss er ihn ordentlich bezahlt haben“, setzte Duru die Überlegungen fort. „Haben wir die Möglichkeit, seine Geldbewegungen abzufragen?“ „Wohl kaum“, beantwortete Schuster ihre Frage, „denn wahrscheinlich hortet er sein Geld in Bulgarien. Und wenn er einen Killer angeheuert hatte, dürfte das wohl kein Deutscher sein, sondern jemand aus seiner Heimat. Wir müssen alle Flughäfen und die Grenzstellen in Sachsen nach Ein- und Ausreisen von Bulgaren um den Mordtermin herum abfragen.“

Das Gespräch erinnerte Duru an den Tipp ihres Freundes und sie fragte bei der Verkehrsbehörde nach Überwachungskameras im Bereich der Abfahrten. Ja, die gebe es hoch oben an einem Beleuchtungsmast, die Aufnahmen würden alle 30 Sekunden gespeichert und nach einer Woche überschrieben. Als sie dem Chef die Entdeckung berichtete, lobte er sie und schickte sie zur Verkehrsbehörde. Was sie dort fand, war hochinteressant: Die Kamera war langsam über den gesamten Abfahrtbereich geschwenkt und hatte auch immer wieder den Bereich vor dem Etablissement aufgenommen. Um 18:40 war ein Mann mit einer dunklen Mütze auf dem Kopf zu sehen, der auf rechten Seite des Hauses zuging und um 19:11 auf demselben Weg wieder zurückkam. „Das ist also mit hoher Wahrscheinlichkeit der Mörder, danke Duru für Ihre gute Idee.“

Da rief Mark Schuster: „Ich hab‘ was!“, und zeigte auf seinen Monitor: Der 28-jährige Bulgare Zoran Popescu war Freitagvormittag von Sofia kommend in München gelandet und nach Dresden weiter geflogen, wo er um 14:23 eintraf. Noch am selben Abend war er um 20:39 wieder zurück geflogen. „Heute sind wir ein gutes Stück weiter gekommen“, freute sich der Hauptkommissar, „wir haben den Mann am Tatort gesehen und wissen, wie er heißt. Was können wir jetzt mit diesem Wissen anfangen und wie können wir die Verbindung zu Kiro Jordanoski nachweisen?“ „Das wird nicht so einfach sein“, goss Schuster Wasser in den Wein der Freude seines Chefs: „Notwendig ist seine DNA, um sie mit dem gefundenen Haar zu vergleichen. Wir können ja mit Sofia Verbindung aufnehmen und ihnen unsere Verdachtsmomente nennen, aber mehr erreichen können wir nur in Sofia selbst.“ „Verdammter Mist!“, schimpfte Wellmann, „aber Sie könnten Recht haben. Versuchen Sie doch mal, die Kripo in Sofia zu kontaktieren, vielleicht finden Sie dort jemanden, der etwas Deutsch kann.“ „Ay ay, Sir“, sagte Schuster und begann zu telefonieren.

Nach dem Mittagessen gelang es Mark Schuster, in Sofia einen höheren Polizeibeamten an den Apparat zu bekommen, der leidlich Deutsch sprach. Er schilderte ihm den Fall und nannte den Namen Zoran Popescu, worauf der Beamte versprach, in ihren wenigen Dateien nach dem Namen zu suchen, er wolle sich wieder melden. Noch rechtzeitig fiel Schuster ein, auch den Namen des Vermittlers Kiro Jordanoski zu nennen und darauf hinzuweisen, dass zwischen den beiden wahrscheinlich eine Verbindung bestehe. Diesen Namen fand der Beamte und versprach, ihn observieren zu lassen, um vielleicht den Mörder zu finden. „Am besten kommen Sie für ein paar Tage zu uns, dann können wir gemeinsam etwas unternehmen und Sie lernen unsere schöne Stadt kennen“, schlug er vor. Der Hauptkommissar war nicht abgeneigt und sagte: „OK, fahren Sie mit Duru hin, ich halte hier so lange die Stellung.“ Die beiden freuten sich über den Auftrag und Schuster bestellte gleich Flugtickets über München für morgen früh und buchte zwei Zimmer nahe der Polizeizentrale für zwei Nächte.

Am nächsten Morgen flogen Mark und Duru schon um 6:20 von Dresden ab und landeten kurz vor 12 Uhr in Sofia. Der Beamte, mit dem Mark telefoniert hatte, stellte sich als Petko Vassilev vor. Als erstes bot er ihnen einen guten Kaffee an. „Ich habe DNA und Phantombild mit unseren Verbrecherdateien vergleichen lassen“, sagte er in einigermaßen verständlichen Deutsch, „aber keine Übereinstimmung gefunden. Dann habe ich die Flugdaten gecheckt, Zoran Popescu ist wirklich Samstag früh mit einem Pass auf diesen Namen am International Airport angekommen, aber seitdem verschwunden.“ „Was ist denn mit seinem mutmaßlichen Auftraggeber Kiro Jordanoski, der müsste doch bekannt sein, er hat sogar einen eigene Internetseite“, fragte Mark Schuster. „Ja, der ist unrühmlich bekannt“, erwiderte der Beamte langsam. „Er soll schmutzige Geschäfte machen, wir konnten ihm bisher aber keine Straftat nachweisen. Ich bin sicher, dass er die richtigen Leute schmiert.“

 „Etwas effektiver habe ich mir unseren Besuch schon vorgestellt“, lachte Mark, „aber wir sind halt in Osteuropa, wo die Mühlen langsam laufen.“ Sie suchten sich einen Platz in einem Restaurant, das einen gepflegten Eindruck machte. Ein vornehm gekleideter Oberkellner reichte ihnen Karten in lateinischer Schrift. Doch weil die bulgarischen Begriffe ihnen nichts sagten, fragte Duru auf Deutsch, was er ihnen als landestypisch empfehlen könne. Er riet zu Gjuwetsch, einem traditionelle Gericht, das das mit verschiedenen Gemüsen und Lammfleisch in speziellen Tontöpfen zubereitet wird Nach anderthalb Stunden verließen sie satt und zufrieden die Gaststätte und gingen die kurze Strecke zum Hotel zu Fuß

Am nächsten Morgen saßen Mark und Duru beim Frühstück, als Petko Vassilev sie in heller Aufregung auftauchte. „Kiro Jordanoski ist gestern Nachmittag aus Dresden kommend in Sofia gelandet und sofort in sein Büro gefahren“, berichtete er. „Nach kurzer Zeit hatte er dort eine schwere Auseinandersetzung mit einem Besucher, die mit einem Schuss endete. Um die Umstände der Tat aufzuklären, haben wir die Genehmigung bekommen, seine Räume zu durchsuchen, Sie können mich begleiten.“ Im Büro fanden sie einen Laptop, der durch ein Passwort geschützt war. Wie ist sein Geburtsdatum?“, fragte Duru und gab das Datum 210759 ein, wurde aber abgewiesen. „Das wäre ja auch zu einfach“, meinte sie lachend und gab das Datum umgekehrt ein, worauf das Betriebssystem sie begrüßte, es war noch Windows XP. Sie öffnete den Explorer, aber die Ordner und Dateien waren alle in kyrillischer Schrift. Herr Vassilev hatte inzwischen in einem verborgenen Fach eine Akte mit dem Namen Borissow gefunden, die mehrere Quittungen von einem Georgi Borissow über teils recht hohe Beträge enthielt, außerdem ein aktuelles Dokument, in dem Jordanoski diesem Mann neue Papiere auf den Namen Zoran Popescu zusagte. Daran geheftet war die Quittung des Passamtes für diese Papiere. Im selben Ordner lagen Rechnungen für Flugscheine nach und von Dresden für Popescu am letzten Freitag und Samstag.

„Damit wissen wir, wie Popescu wirklich heißt und können ihn suchen, denn er ist mit Sicherheit Ihr gesuchter Mörder“, freute sich Herr Vassilev und fuhr fort: „Der Schuss auf Jordanoski wurde mit derselben 9-mm-Macharow ausgeführt wie der Mord bei Ihnen, das haben wir schon gestern Abend festgestellt. Als er sah, dass Duru den Laptop geöffnet hatte, schaute er gleich das Dateisystem an. Als erstes fand er eine umfangreiche Excel-Datei über Jordanoskis Finanzen, die erheblich Beträge enthielt. „Das wird das Finanzamt interessieren“, lachte er, dann öffnete er das Mailprogramm und prüfte den umfangreichen Mailverkehr.

„Ich nehme die Papiere und das Gerät mit, denn ich will mich noch eine Weile mit seinen Daten beschäftigen“, sagte der Beamte. Kurz danach erhielt er einen Anruf von dem Polizisten, der Jordanoski im Krankenhaus bewachte, er sei vernehmungsfähig. Im Krankenhaus blickte der Vermittler die beiden Deutschen verstört an, als sie mit dem bulgarischen Beamten sein Zimmer betraten. Doch sie überließen zunächst diesem das Wort. Jordanoski wurde immer kleiner, als er hörte, was sie alles in seinen Räumen entdeckt hatten. „Auf jeden Fall haben Sie sich der Anstiftung zum Mord schuldig gemacht“, hielt der Beamte dem Vermittler vor, „warum ließen Sie denn den Freund von Frau Milevska umbringen?“ „Ich hatte erfahren, dass sie aussteigen will, das konnte ich nicht zulassen, es ging gegen meine Ehre.“ „Vor allem wohl gegen Ihren Geldbeutel“, warf der Beamte lachend ein, „aber warum hat denn Borissow auf Sie geschossen, Sie wären dabei ja beinahe draufgegangen?“ „Er war mit der vereinbarten Summe plötzlich nicht mehr zufrieden und fing Streit an. Als ich mich weigerte mehr zu zahlen, sagte er, ich sei ohnehin gefährlich für ihn, weil ich von dem Mord wisse, da sei es am besten, wenn er mich zum Schweigen bringe, und schoss auf mich. Mehr weiß ich nicht.“ „Sicherlich wollen Sie auch, dass er bestraft wird, wo können wir ihn finden?“ lockte der Beamte ihn, worauf Jordanoski ihn auf sein Notizbuch hinwies, das in seiner Jacke sein müsse, die habe er während des Schusses angehabt.

 „Was machen wir denn jetzt mit dem angebrochenen Nachmittag“, überlegte Mark, nachdem sie das Mahl beendet hatten und Mokka tranken, worauf Duru vorschlug: „Lass‘ uns ins Hotel fahren, ich bin sicher, dass Herr Vassilev sich irgendwann melden wird.“ Die beiden zahlten gerade ihre Mahlzeit, als der bulgarische Beamte Marks Handy anrief. Sie hätten den Killer nicht in seiner Wohnung angetroffen, aber dort seine DNA genommen, sie stimme mit der des schwarzen Haares überein, das bei dem Toten in Dresden gefunden worden sei. Auch das Phantombild passe zu seinen Fotografien in der Wohnung. Der falsche Pass auf den Namen Zoran Popescu und die Flugscheinabschnitte der Flüge nach und von Dresden hätten in seinem Papierkorb gelegen. Er wolle jetzt in der Dienststelle weiter die bei Jordanoski gefundenen Akten und seinen Laptop untersuchen, ob sie Interesse hätten, dabei zu sein. „Sehr gerne“, antwortete Schuster und die beiden nahmen eine Taxe zur Polizeidienststelle.

Der Beamte bot ihnen Kaffee an und schaltete den Laptop des Gauners ein. Am interessantesten waren die umfangreichen Tabellen über die Finanzen, die Zahlungen einer ganzen Reihe von Frauen hauptsächlich in Deutschland und Österreich enthielten. Die Verträge mit diesen Frauen befanden sich unter den Papieren und sahen ähnlich aus wie der mit Frau Milevska. „Das ist doch unglaublich!“, schimpfte Herr Vassilev plötzlich, „hier habe ich mehrere regelmäßige Zahlungen an einflussreiche Politiker. Ich muss sehen, wie ich sie verwenden kann, ohne dass mich das meinen Kopf kostet.“

Bis in den späten Nachmittag durchforsteten die beiden deutschen Kriminalisten gemeinsam mit dem bulgarischen Kollegen die Daten auf dem Laptop und die mitgenommenen Akten und schüttelten immer wieder die Köpfe über das Ausmaß an Korruption, das sich ihnen hier darbot. In einer besonderen Datei waren hohe Zahlungen an meist unbekannte Männer vermerkt, der einzige bekannte Name war Georgi Borissow. „Also hat er noch andere Auftragskiller an der Leine“, bemerkte Herr Vassilev erfreut, „mit den Namen können wir sie vielleicht finden.“

Freitag saßen Duru und Mark beim Frühstück, als Herr Vassilev sie besuchte. Was er berichtete, ließ sie aufhorchen. In der Nacht habe ein Spezialeinsatzkommando Borissow gefunden und nach einem Schusswechsel überwältigt. Er habe einen Kopfschuss erhalten und sei sofort im Krankenhaus operiert worden. Dabei hätten die Ärzte festgestellt, dass der Hippocampus im Gehirn stark beschädigt worden ist, so dass der Mann, obwohl biologisch lebensfähig, dauerhaft an erheblichen Erinnerungsstörungen leiden würde.

„In seinen Räumen haben wir eine Menge belastende Unterlagen, hauptsächlich über die Zusammenarbeit mit Jordanoski gefunden, die diesen Mann noch stärker belasten“, meinte er und fügte hinzu „.Allerdings ist bei Borissow in diesem Zustand weder eine Strafverfolgung durch uns noch eine Auslieferung an Sie möglich. Trotzdem war Ihr Besuch für uns wertvoll, denn erst aufgrund Ihrer Angaben konnten wir Jordanoskis Straftaten nachweisen, und dass Sie uns so schnell seinen Laptop geöffnet haben, war uns eine große Hilfe. Die Zusammenarbeit mit Ihnen hat uns Freude gemacht und ich wünsche Ihnen einen guten Heimflug.“

Aus Fall 3 „Verdacht im Rückblick“                   Literaturverzeichnis 

 Die Straßenbahn bremste unvermittelt, weil eine Frau ohne zu schauen über die Gleise lief. Die Bahn war gut besetzt, so dass mehrere Fahrgäste stehen mussten und durch das abrupte Bremsen den Halt verloren. Ein älterer Herr fiel zu Boden und rappelte sich mühsam wieder auf, worauf ihm eine junge Frau mit Kopftuch ihren Platz anbot. Harald Beier lehnte an einer Stange im Türbereich und dadurch gelang es ihm, eine junge Frau aufzufangen, die sonst lang hingeschlagen wäre. Atemlos lag sie in seinen Armen und erholte sich mühsam von ihrem Schreck. Harald nahm einen intensiven Blumenduft auf, kam aber nicht darauf, von welcher Blume er stammte. Schließlich kam die Frau zur Besinnung und bedankte sich mit einem französischen Kuss bei Harald.

„Entschuldigen Sie bitte meine Aufdringlichkeit und vielen Dank für Ihre Hilfe“, sagte sie leise, bevor sie zurück trat und sich an einem Griff festhielt. „Keine Ursache, es war mir ein Vergnügen, Sie für einem Moment in den Armen zu halten“, antwortete Harald lächelnd, worauf die Frau ihm kurz die Zunge herausstreckte und in den hinteren Bereich ging. Sie setzte sich und auch Harald fand ihr gegenüber einen Platz.

Eigentlich musste er an der Luisenstraße aussteigen, doch diese Frau hatte ihn so sehr beeindruckt, dass er in der Bahn blieb. „Wohnen Sie in Hellerau?“, fragte die Frau, was etwas peinlich für Harald war. „Mein Name ist Harald Beier“, antwortete er, „und ich hätte eben aussteigen müssen. Können wir in Kontakt bleiben?“; fragte Harald vorsichtig und Britta erwiderte immer noch lachend: „Wenn Sie mir Ihre Telefonnummer geben.“ Schnell hatte Harald seine Karte zur Hand, doch Britta meinte, sie würde sich irgendwann melden. Über dem Gespräch vergingen die wenigen Minuten, bis sie an der Tannenstraße ausstieg und Harald folgte. Harald folgte ihr in einigem Abstand und sah sie in einem Haus an der Tannenstraße verschwinden. Abends kam auf seinem Notebook eine Mail von Britta mit dem Betreff „Treffen?“ an:

Hallo Harald,

ich fand die Begegnung mit Dir in der Straßenbahn nett und danke Dir noch mal, dass Du mich so gut vor einem schlimmen Sturz bewahrt hast. Was hältst Du davon, wenn wir morgen Nachmittag irgendwas miteinander trinken und dabei ein bisschen plaudern? Wenn Du magst, antworte doch bitte bald und schlag‘ einen geeigneten Treffpunkt vor. Ich kenne mich in der Kneipentopografie nicht so gut aus.

Gruß, Britta

Harald hüpfte das Herz in der Brust, das ging ja schneller, als er gehofft hatte. Vor allem freute er sich, dass sie ihn einfach duzte und er antwortete sofort:

Hallo Britta,

ich freue mich über Deine Einladung und will gerne morgen gemeinsam mit Dir etwas trinken. Als Treffpunkt schlage ich das Café Europa an der Schauburg vor. Kreuze die Königsbrücker Straße und gehe in Richtung Albertplatz, Du findest das Café 60 Meter hinter dem Bischofsweg. Wenn es Dir recht ist, erwarte ich Dich ab 15 Uhr dort. Falls es nicht klappt, ruf doch rechtzeitig an.

Herzlich, Harald

Pünktlich um 15 Uhr besetzte Harald am Samstag einen Tisch im Café Europa, doch als Britta um halb vier nicht erschien, zahlte er seinen Cappuccino und ging den kurzen Weg zu dem Haus, in dem sie gestern verschwunden war. Im ersten Stock war ihre Tür nur angelehnt, er trat ein und ging in ein Wohn-Arbeitszimmer. Britta hing in dem Stuhl vor dem Schreibtisch, am Hals hatte sie deutliche Würgemale. Vom Erste-Hilfe-Kurs wusste Harald, wo er den Puls fühlen konnte: sie war tot. Er meldete der Polizei seinen Fund und verließ die Wohnung, um vor der Tür zu warten. Nach zwanzig Minuten traf Hauptkommissar Wellmann mit der jungen Kommissarin Duru Čelik und einer Rechtsmedizinerin vor der Wohnung der Toten ein. Während die Ärztin die Tote untersuchte, fragten die Kriminalisten Harald nach seiner Beziehung zu ihr. Er berichtete von dem gestrigen Beinahe-Unfall in der Straßenbahn, ihrer kurzen Unterhaltung und dem Mailwechsel mit der Verabredung für heute Nachmittag. Er sei dann besorgt hergekommen, da er gestern gesehen habe, wo sie wohne.

Die Ärztin hatte inzwischen festgestellt, dass der Tod zwischen 9 und 11 Uhr eingetreten und sie zweifellos erwürgt worden war. Die Kriminalisten in der Handtasche der Toten ihre Papiere und ein Notizbuch mit Adressen, aber kein Geld. Auch Schmuck war weder an der Toten noch sonst irgendwo in der Wohnung zu finden. „Das sieht nach Raubmord aus“, dachte der Hauptkommissar laut, aber seine junge Kollegin wies darauf hin, dass die Tür unbeschädigt war, offenbar hatte die Frau ihren Mörder eingelassen oder er besaß einen Schlüssel.

Ein Notebook oder Tablet war nicht vorhanden und auch kein Handy. Harald bestätigte, gestern Abend mit der Frau Mailkontakt gehabt zu haben, also hatte der Mörder die Geräte mitgenommen. Bei den wenigen Akten fanden die Beamten die Einwahldaten für den Router und als sie sich in den WLAN einloggten, stellten sie fest, dass ein Microsoft-Tablet und ein Lumia-Smartphone darin verzeichnet waren. Die letzten Internetzugriffe waren vom Tablet um 9:12 erfolgt. „Zu diesem Zeitpunkt hat sie wohl noch gelebt, falls der Mörder nicht nach ihrem Tod ins Netz gegangen ist“, überlegte die Kommissarin. Da hatte Harald eine Idee: „Der Router hat doch einen NAS-Speicher, den Frau Ludwig zur Sicherung benutz hat t.“ Wirklich fanden die Beamten dort eine umfangreiche Datensammlung, die sie herunter luden. Es waren Ordner mit Bildern, Briefen und Finanzdaten.

In dem Moment klingelte das Telefon und die Kommissarin nahm den Hörer ab. „Britta, bist du das?“, fragte eine weibliche Stimme. „Es ist nicht Britta, aber ihr Apparat, wer sind Sie denn?“, antwortete Frau Čelik. „Ich bin Carolin Reimann, eine Freundin von Britta, und wer sind Sie?“ Die Kommissarin erklärte der Anruferin, dass Frau Ludwig ermordet worden und die Kripo in der Wohnung sei. Ob sie die Wohnung kenne und kommen könne. Ja, sie könne in einer Viertelstunde da sein, war die Antwort. „Kennen Sie sich in dieser Wohnung aus?“, fragte der Hauptkommissar und die Frau erwiderte, sie habe manchmal hier übernachtet, wenn sie abends lange zusammen gesessen hätten. „Wissen Sie etwas über das persönliche Umfeld der Toten“, fragte Duru. „Nur, dass sie als Buchhändlerin am Dr.-Külz--Ring arbeitet und ihre Eltern in Schwerin leben“, berichtete sie. Dann erinnerte sie sich: „Vor zwei Jahren hatte sie sich mit einem Neonazi angefreundet, den sie auf einer Pegida-Demonstration kennen gelernt hat. Zuerst waren sie ein Herz und eine Seele, aber als er vorschlug, dieses ‚ethnisch minderwertige Flüchtlingspack‘ gar nicht erst ins Land zu lassen, hat sie ihm letztes Jahr den Laufpass gegeben.“ Auf die Frage, ob sie einen Verdacht habe, wer Frau Ludwig ermordet haben könnte, hielt sie diesen Mann durchaus für fähig. „Den nehmen wir uns jetzt vor“, entschied der Hauptkommissar.

Während des Gesprächs betrachtete Harald die junge Frau. Sie war wohl in seinem Alter, etwa Mitte zwanzig, leicht mollig mit langen knallroten Haaren, in Rock und bunte Bluse gekleidet, dazu trug sie Turnschuhe und eine Bernsteinkette. Als die Frau merkte, wie Harald sie musterte, fragte sie, welche Rolle er in dieser Angelegenheit spiele. „Ich habe Ihre Freundin gestern in der Straßenbahn aufgefangen, als sie bei einem abrupten Bremsvorgang durch die Luft flog, und darauf haben wir uns für heute Nachmittag zum Kaffee verabredet. Als sie nicht kam, bin ich nach einer Weile hergegangen, habe sie tot gefunden und die Polizei benachrichtigt“, erklärte er. „Wohnen Sie denn in der Nähe?“ „Ja, in der Jordanstraße.“ „Da sind wir ja fast Nachbarn, ich wohne in der Förstereistraße“, lachte sie.

„Mit Britta wäre es sicherlich nett gewesen, aber diese Frau scheint auch nicht schlecht zu sein“, dachte Harald, als sie am Café Europa vorbei kamen, und schlug vor: „Was halten Sie davon, wenn wir beide die Kaffeestunde übernehmen, die ich hier eigentlich mit Ihrer Freundin geplant hatte? Da können wir ein bisschen über sie plaudern.“ Carolin war einverstanden und sie besetzten den Tisch, an dem Harald auf Britta gewartet hatte. „Trete ich jemandem auf die Füße, wenn ich mit Ihnen Kontakt aufnehme.“ Carolin lachte laut auf: „Nein, du verdrängst niemanden von meiner Seite, aber Kontakt bedeutet ja nicht, dass wir gleich heiraten. Lass‘ uns einfach schauen, was aus dem Kontakt wird.“ „Einverstanden“, sagte Harald und gab ihr seine Karte, worauf sie ihm ihre Telefonnummer und Mailadresse nannte. Dann zahlte er und sie verließen das Café. Vor Carolins Haus verabschiedeten sie sich mit einem Kuss und Harald ging die paar Schritte zu seiner Wohnung. Innerlich musste er lachen: „Mit Britta wollte ich eine Beziehung anknüpfen und jetzt tue ich das hier – sechs Stunden nach ihrer Ermordung – einfach mit ihrer Freundin. Danke, Britta!“

Hauptkommissar Wellmann fuhr mit Duru zur Radeberger Straße, wo Dr. Schiemann wohnen sollte, doch niemand öffnete. Sie warfen eine Aufforderung in den Briefkasten, sich unverzüglich im Kommissariat zu melden und fuhren zurück, um nähere Informationen über den Mann zu suchen. Er war ein 45 jähriger Rechtsanwalt und hatte eine umfangreiche Webseite, aus der hervorging, dass seine Klienten vorwiegend Angehörige der rechten Szene waren. Auf einer anderen Seite machte er Werbung für die Neonazipartei, deren Dresdener Ortsvorsitzender er war, und ließ wüste Propaganda gegen die Flüchtlinge los, ohne jedoch den Tatbestand der Beleidigung zu erfüllen.

„Der Mann könnte vielleicht der Mörder sein“, überlegte Wellmann laut, „aber haben wir noch andere Verdächtige?“ Die Kollegen schüttelten die Köpfe, doch Duru erinnerte sich, dass die Tote in der Buchhandlung an der Prager Straße beschäftigt war und schlug vor, sich dort über sie zu erkundigen, doch in diesem Moment erschien die Rechtsmedizinerin und informierte die Kommissare, dass die Frau gegen 9:30 Uhr erwürgt worden war und einige Stunden vor ihrem Tod Geschlechtsverkehr hatte, die DNA der Spermien werde gerade bestimmt. „Da haben wir also einen weiteren Verdächtigen“, meinte Wellmann lakonisch.

Harald Beier war 45 Minuten zu Hause, als auf seinem Notebook eine Mail mit dem Absender „Britta“ einlief:

Hallo Harald

Das ist ja leider nichts geworden mit unserem Treffen, weil ich morgens eine wichtige Verabredung hatte, die sich bis zum Nachmittag hinzog. Aber ich habe gesehen, dass du dich mit einer anderen Frau im Café Europa getröstet hast. Lass mich raten, ist es meine Freundin Carolin? Das ist ja auch nicht schlecht. Ich wünsche Dir viel Vergnügen mit ihr, vielleicht melde ich mich mal wieder.

Freundliche Grüße, Deine Britta

Harald wurde schlecht, als den Text las, doch schon klingelte sein Telefon und Carolin berichtete aufgeregt, sie habe eine Mail von Britta erhalten, in der sie gratulierte, dass sie sie am Nachmittag so gut bei Harald vertreten habe. Den beiden wurde schnell klar, dass der Mörder Brittas Tablet für diese Mails benutzt hatte, aber er musste sie auch beobachtet haben. Harald rief die Mordkommission an, wo Oberkommissar Schuster ihn bat, sofort mit Carolin und beiden Notebooks ins Kommissariat zu kommen. Der IT-Experte fand bei beiden Mails dieselbe IP-Adresse als Absender, die einem Internetcafé in der Neustadt gehörte. „Jetzt haben wir schon einen vierten Verdächtigen“, schimpfte Wellmann und schickte Oberkommissar Schuster zu dem Café. Dort sah Schuster nur drei Männer und eine Frau an ihren Geräten arbeiten, doch niemand von ihnen hatte ein Microsoft-Tablet. Von der Bedienung erfuhr er, ein etwa 50 jähriger, groß gewachsener Mann mit Glatze habe noch vor kurzem mit einem Tablet an einem der Plätze gearbeitet. Schuster bat die Frau, für eine Stunde mit ins Kommissariat zu kommen und ein Phantombild des Mailschreibers zu gestalten.

Im Kommissariat erschien der Neonazis Karl Schiemann und sie nahmen seine Fingerabdrücke und DNA. Die Fingerabdrücke stimmten mit einigen in der Wohnung der Toten überein, aber die DNA nicht mit dem Sperma in der Toten. „Warum haben Sie Frau Ludwig heute früh um 9:05 angerufen?“, wollte Wellmann wissen, „sie hat doch schon längst mit Ihnen Schluss gemacht.“ „Ich kenne ja ihre kritische Haltung, die auch zu unserer Trennung geführt hat. Aber ich habe eine Webseite mit Hintergründen dazu gefunden und sie ihr genannt, das war alles.“ Wo er zwischen 9 und 10 Uhr gewesen sei, fragte Wellmann. „Wie mein Telefonanruf beweist, war ich um 9:05 zu Hause“, antwortete der Mann grinsend, „und danach habe ich weiter im Internet gesurft. Wenn Sie meinen Laptop untersuchen, wird er Ihnen das sagen.“ „Was haben wir jetzt in der Hand?“ fragte Wellmann seine Mitarbeiter, „er Mailschreiber ist am meisten verdächtig, aber sein Gesicht findet sich in keiner Strafakte. Wisst Ihr jetzt weiter?“ Da die beiden keine Antwort wussten, wünschte er ihnen einen ruhigen Sonntag.

 Auf dem Weg zu ihrer Wohnung sagte Carolin plötzlich zu Harald: „Hast du Lust, heute Abend mit mir in eine Disco zu gehen? Heute und morgen habe ich frei und ab Montag eine Woche Nachtdienst.“ Er überlegte einen Moment, dann stimmte er zu: „Das ist eine gute Idee, ich war schon lange nicht tanzen.“ Die beiden liefen die 400 Meter und fanden noch einen Platz, an dem sie Cola mit Rum bestellten. Die Musik war ohrenbetäubend, aber man konnte danach tanzen. Wenn sie auch meist offen tanzten, fand Harald doch ab und zu die Gelegenheit, Carolin an sich zu drücken, was sie gerne geschehen ließ. Da andere Paare noch offenherziger waren und sich küssten, genügte Carolin die bloße Berührung mit ihrem Tänzer nicht mehr und sie zog Haralds Kopf zu sich heran, um ihn auch zu küssen. Gerne antwortete er und nun tanzten sie nur noch eng und küssten sich dabei innig, wobei Harald wieder ihren Veilchenduft wahrnahm.

„Wie wird es jetzt weiter gehen?“, fragte Harald sich und begleitete Carolin, die sich bei ihm eingehakt hatte, bis zu ihrem Haus. Auch sie war sich nicht darüber klar, wie es mit diesem Mann weiter gehen könnte. Wollte sie denn überhaupt weiter? Doch als Harald sich verabschieden wollte, entschied sie sich und sagte leise: „Willst du noch mit hochkommen, dass wir den Abend ausklingen lassen?“, worauf Harald ebenso leise antwortete: „Ja gerne, warum nicht?“

Als Carolin die Schwenker gefüllt hatte, stieß sie mit ihm an und flüsterte: „Auf einen schönen Abend!“ Harald schlang die Arme um ihren Leib, strich ihr sanft über den Rücken und zog sie an sich heran. Natürlich bemerkte Carolin seinen Zustand, „Wir sind ziemlich geschwitzt“, sagte sie, „lass‘ uns erst mal duschen.“ „Aber nicht in den Sachen“, war Haralds Antwort, er zog er ihr das Shirt aus, und seine Augen verschlangen ihre schönen straffen Brüste. Zärtlich kreiste er mit der Zunge über einer Warze, zupfte sanft daran, und sie spürte in ihrem Inneren einen elektrischen Schlag. Jetzt war ihr Bann gebrochen, sie wollte alles, zog sich ohne Scheu aus und ging ins Bad. Harald konnte gar schnell genug aus seinen Sachen kommen. Da die Duschkabine Platz für zwei bot, stieg er einfach zu ihr hinein. Gegenseitig seiften sie sich ein, aber Carolin gab Acht, dass ihre weichen Hände ihn nicht zu stark erregten. Als er sie zwischen den Beinen wusch, seufzte sie laut auf. „Das genügt!“, rief sie, stieg aus der Dusche und reichte ihm auch ein Handtuch.

„Ich war schon lange mit keinem Mann zusammen und erst recht nicht mit solchem fantastischen Liebhaber, das muss gefeiert werden“, sagte Carolin und ging in die Küche, von wo sie schnell mir einer Flasche Sekt und zwei Gläsern zurückkam. Gekonnt öffnete sie die Flasche und schenkte die Gläser voll. „Auf eine schöne Zeit miteinander, wenn du es auch willst“, sagte sie leise, als sie miteinander anstießen. „Gern will ich es auch, denn du bist eine fantastische Frau“, antwortete Harald bewegt, dann fuhr er fort: „Ich habe übrigens auch schon erotische Gemeinschaften erlebt, allerdings seit einer ganzen Weile nicht mehr, aber nie war es so schön wie eben mit dir. Du bist eine wundervoll zärtliche Geliebte“

Am Morgen war Carolin als erste wach und schaute verliebt zu Harald, der ruhig im Schlaf atmete. Die Bettdecke war verrutscht, so dass er nur noch halb drunter lag. Herrlich war es mit ihm gewesen, erinnerte sie sich dankbar, schon lange hatte sie kein Mann so zärtlich geliebt. Als sie beim liebevollen Betrachten seines Körpers seine Morgenerektion sah, fädelte sie sich vorsichtig auf seinen Ständer. Erschreckt wachte Harald auf, begriff aber schnell ihre Bewegungen und sagte lachend: „So darfst du mich jeden Morgen wecken, das ist höchst angenehm als erste Beschäftigung am Tage.“ „Bleibst du noch hier“, fragte Carolin, doch Harald entschuldigte sich, er müsse unbedingt für eine bevorstehende Prüfung lernen. „Das ist mir ganz recht“, meinte Carolin, „ich will auch noch etwas für meine Weiterbildung tun. Aber heute Abend sehen wir uns hoffentlich wieder, denn in der nächsten Woche bin ich nachts in der Klinik.“ Zu diesem Angebot sagte Harald gerne „Ja“, und Carolin verabschiedete ihn mit einem herzlichen Kuss.

Am frühen Nachmittag hatte Harald Beier genug gelernt und ging mit seinem Notebook zu Carolin, die ihn mit herzlichen Küssen empfing, sie hatte sein Kommen gar nicht erwarten können. Letzte Nacht hatten seine Hände und seine Zunge ihren Körper mit sanfter Behutsamkeit erkundet, bis sie vor Wonne fast vergangen war, und die Worte der Liebe, die er ihr leise ins Ohr flüsterte, hatten sie ebenso erregt. Sie hätte nie gedacht, dass die Botschaft einiger geflüsterter Liebkosungen ein solches Labsal für Körper und Seele war. Doch zunächst wollte sie ihm Gutes tun und fragte: „Hast du schon Mittag gegessen?“, was Harald verneinte, er habe die ganze Zeit über den Büchern gesessen. „Dann mache ich uns eben was Einfaches“, rief Carolin und stellte sich an den Herd. Als sie kurz danach beim Essen saßen, lief auf ihren beiden Notebooks eine identische Mail mit Brittas Absender ein:

Hallo ihr Turteltäubchen,

Das ist jetzt die letzte Mail von mir, bevor ich mich ins Paradies begebe. Und damit alles seine Ordnung hat, bringe ich den Laptop in meine Wohnung zurück, wo ich ihn vorgestern mitgenommen habe. Ich freue mich, dass Ihr Euch gefunden habt und wünsche Euch viel Freude miteinander.

Herzlich, Eure Britta

„Das müssen wir sofort der Polizei melden!“, rief Harald und Carolin hatte schon Wellmanns Karte zur Hand. Sie rief ihn an und berichtete von den Mails. Der Hauptkommissar überlegte einen Moment, dann bat er die beiden, mit ihren Notebooks zur Wohnung von Britta Ludwig zu kommen und dort auf ihn zu warten. Das Siegel an der Tür war gebrochen, aber die Tür unverletzt und nicht verschlossen. „Ich weiß genau, dass ich vorgestern die Tür abgeschlossen habe, also muss der Täter einen Schlüssel besitzen. Damit ist er auch reingekommen, als er Frau Ludwig ermordete“, stellte Wellmann fest.

Im Wohnzimmer stand wirklich Brittas Laptop auf dem Schreibtisch, daneben lag ihr Smartphone un. Der IT-Spezialist bat die Beamten, nichts anzufassen und nahm sich als erstes die Notebooks von Harald und Carolin vor. Bald hatte er herausgefunden, dass die Mails von Britta Ludwigs IP-Adresse gesendet worden waren. Die Prüfung des Routers zeigte, dass der Laptop vor 30 Minuten hier kurzzeitig eingebunden war. „Also hat der Kerl seine Mails kaltblütig von hier abgeschickt und den Laptop dann stehen gelassen, das ist der Höhepunkt der Unverfrorenheit“, schimpfte Wellmann. „Und uns hat er ständig im Visier, das ist richtig unheimlich. Wir wären Ihnen dankbar, wenn Sie ihn bald aus dem Verkehr ziehen könnten“, fügte Harald hinzu. „Vielleicht können Sie uns dabei helfen“, sagte der Hauptkommissar und zeigte den beiden das Phantombild. „Haben Sie diesen Mann irgendwann gesehen, er ist der Verdächtige.

An Frau Ludwigs Laptop und dem Smartphone waren keine Fingerabdrücke zu finden. Als der Spezialist den Laptop ohne Passwort nicht einschalten konnte, erinnerte Duru sich an die Datensammlung, in der sie den Zugang zum Router gefunden hatte, und wirklich waren dort auch die Passwörter für beide Geräte notiert. Auf dem Laptop fanden sie nach der letzten Bedienung durch die Besitzerin am Samstag nur einige Dateizugriffe und die drei Mails, die der Gesuchte geschrieben hatte. Das Smartphone hatte Frau Ludwig zuletzt am Freitag benutzt. „Also wieder nichts!“, schimpfte der Hauptkommissar, und bestellte die Spurensicherung, die die Wohnung noch einmal auf neue Fingerabdrücke durchsuchen sollte. Er war schon wieder im Kommissariat, als die Spusi-Leute ihn anriefen: An der Wohnungstür neben dem verletzten Siegel hatten sie einen neuen Fingerabdruck gefunden, den sie in den Daten abgleichen wollten. „Na prima, das wird ja wohl unser Mörder sein!“, rief Wellmann.

Da Harald und Carolin hier nicht mehr gebraucht wurden, gingen sie zurück zu Carolins Wohnung. „Weißt du irgendetwas, womit Britta sich außer ihrer Buchhandlung und der Liebesbeziehung mit dem Sänger beschäftigt haben könnte?“, fragte Harald. „Nichts Genaues“, war die Antwort. „Ich erinnere mich nur dunkel, dass sie jemandem auf den Fersen war, der in der DDR ihren Vater gequält hat und nach der Wende zu den Neonazis gegangen ist. Möglich, dass der sie umgebracht hat. Ich rufe noch mal die Polizei an und sage ihr das.“ Hauptkommissar Wellmann dankte mit der Bemerkung, das gebe ihnen einen Hinweis, dem sie nachgehen könnten.

„Ich denke, wir haben jetzt genug über Britta nachgedacht, lass uns die Gegenwart genießen“, schlug Carolin vor, „bis zum Abendbrot ist noch genug Zeit.“ Sie zog Harald an sich und küsste ihn leidenschaftlich. Bald fühlte sie erfreut, dass sein Körper mehr wollte und führte ihn ins Schlafzimmer, wo sie ihn behutsam entkleidete.

Nach der Rückkehr von Brittas Wohnung meinte Duru: „Ich werde mal die Daten im Laptop der Toten ansehen“. Sie prüfte akribisch die Schriftstücke und Bilder, bis ihr etwas Verdächtiges auffiel. „Komisch“, sagte sie, „in allen Ordnern sind die Bilder fortlaufend nummeriert, aber hier fehlt eine Nummer. Wir haben doch die gesicherten Daten vom Router mitgenommen, die werde ich mal vergleichen.“ In diesen Daten fand sie das fehlende Bild. Es zeigte eine Veranstaltung, bei der in einer Ecke der Glatzkopf vom Phantombild erkennbar war. „Duru, Sie sind ein Schatz“, lobte der Hauptkommissar seine Mitarbeiterin. „Das Bild hat der Mörder im Laptop gelöscht, damit wir ihn nicht finden, vom NAS-Speicher wusste er wohl nichts.“ Duru dachte an die Worte von Brittas Vater und hatte eine Idee: „Eigentlich müsste Frau Ludwig ihre Recherchen über den Stasi-Menschen, der ihren Vater gequält hat, in ihrem Laptop hinterlegt haben, wo sollte sie sie sonst haben. Da wir nichts dergleichen gefunden haben, hat der Glatzkopf sie wahrscheinlich ebenso gelöscht wie das Bild. Ich werde noch mal den gesamten Datenbestand des Laptops mit den Daten im Router vergleichen, von denen er nichts gewusst hat.“

Im Kommissariat erfuhren die beiden, der an der Wohnungstür gefundene Fingerabdruck stamme von dem 55 jährigen Anton Jenner, der vor vier Jahren zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden war, weil er nazistische Hetzparolen verbreitet, den Holocaust als Propaganda der Siegermächte abgetan und die Juden massiv beleidigt hatte. Sein jetziger Wohnsitz war nicht bekannt, doch sein Bild in den Gerichtsakten stimmte mit dem Phantombild des Mailschreibers überein. „Jetzt wissen wir schon, wen wir suchen müssen, leider noch nicht wo“, freute sich der Chef. Duru verglich detailliert sämtliche Daten auf Frau Ludwigs Laptop mit denen auf dem NAS-Speicher und fand dort einen Ordner „Jenner“, der im Laptop fehlte, er enthielt Text-Dateien und Bilder. Die Texte waren aus Stasi-Akten kopierte Beobachtungs- und Vernehmungsprotokolle ihres Vaters von einem Stasimann mit dem Tarnnamen Jaguar. Duru kamen die Tränen, als sie die detailliert beschriebenen brutalen Verhörmethoden las. Besonders zahlreich waren die Berichte über die Montagsdemonstrationen in Leipzig, bis am 9. Oktober „über den vorläufigen Sieg der faschistischen Elemente“ berichtet wurde.

Ein Dokument erregte ihre besondere Aufmerksamkeit, es war eine geschredderte und wieder hergestellte Akte, in der der Tarnname Jaguar dem Oberleutnant Anton Jenner zugewiesen wurde. „Da hat Frau Ludwig also den Peiniger ihres Vaters enttarnt und es ist genau der Jenner, der in ihrer Wohnung war“, gab die Kommissarin ihren Kollegen kund, die immer interessierter ihre Recherche beobachteten. Eine andere Datei enthielt Berichte über den ungeklärten Mord an dem Mitglied der Linkspartei Achim Partner vor fünf Jahren. Dazu gehörte ein Vergleich des Bewegungsprofils von Anton Jenner mit dem des Toten bis zum Mord, aus dem sich Übereinstimmungen ergaben. „Da hat die Frau damals mehr heraus bekommen als wir, leider hat sie uns nicht informiert“, klagte Wellmann und fragte weiter: „Was können wir über Jenner ermitteln?“.

Oberkommissar Schuster gab den Namen in alle relevanten Datenbanken ein und konnte bald die Ergebnisse verkünden: „Bis zu seiner Verurteilung war er Am Brauhaus in der äußeren Neustadt gemeldet, die Wohnung wurde nach dem Prozess gekündigt und seitdem ist er nirgends mehr gemeldet, also untergetaucht. Bei seinem Bewährungshelfer hat er sich nie gemeldet. Vor dem Prozess war er in einer Sicherheitsfirma beschäftigt, das Arbeitsverhältnis endete mit Prozessbeginn. Mehr habe ich nicht gefunden, er hat sich in Luft aufgelöst.“ „Am Brauhaus ist doch bei der Radeberger Straße, wo Karl Schiemann wohnt, das lässt auf eine Verbindung schließen“, warf Duru ein. „Sie haben ja Recht“, klagte Wellmann, „nur leider können wir ihm das nicht nachweisen.“

Dienstag trafen sich die drei Kommissare um 8 Uhr wieder im Büro. Dabei entwickelte Duru die Idee, dass der Verdächtige möglicherweise einen neuen Namen angenommen habe und durch Beobachtungen im Umfeld der Neonazipartei aufgespürt werden könne. „Ich bin sicher, dass Schiemann ihn kennt und insgeheim mit ihm zusammen arbeitet, doch wir können es ihm nicht beweisen. Wenn wir ihn und die Versammlungen observieren, finden wir Jenner vielleicht, denn wir wissen ja genau, wie er aussieht.“ „Danke, Duru“, meinte Wellmann, „die Idee ist gut und wir sollten das in Angriff nehmen. „Lasst uns einen Plan entwickeln, wie wir das machen“, sagte der Hauptkommissar, „Duru, versuchen Sie doch bitte mal, die nächsten Aktivitäten der Neonazis heraus zu bekommen.“

 Am Nachmittag auf dem Heimweg von der Uni freute Harald Beier sich auf Carolin. Da stieg am Hauptbahnhof ein Mann in die Straßenbahn, dessen Gesicht er schon irgendwo gesehen hatte und bei dessen Anblick er eine dumpfe Bedrohung spürte, deshalb verbarg er sich ging hinter einem Kolleg und beobachtete den Mann heimlich, bis es ihm plötzlich wie Schuppen von den Augen fiel: Das war der gesuchte Mailschreiber. Versteckt hinter seinem Kolleg rief er Carolin an, berichtete seine Beobachtung und bat sie, die Mordkommission zu benachrichtigen. Den Mann beobachtete er heimlich weiter. Der stieg am Albertplatz aus und Harald folgte ihm, doch als der Mann sich kurz umdrehte und ihn sah, lief er bei Rot über die Kreuzung, ohne auf den Verkehr zu achten. Ein PKW raste heran, dessen Fahrer die Grünphase nutzen wollte und traf den Mann voll mit der Vorderfront. Er flog über den Wagen durch die Luft und knallte auf das Pflaster.

Harald rief die Feuerwehr an und noch einmal Carolin, die die Mordkommission informierte. Der Hauptkommissar machte sich mit Duru auf den Weg. Die Sanitäter hoben den bewusstlosen Verletzten vorsichtig auf die Trage und brachten ihn in den Unfallwagen. Zeitgleich war die Polizei erschienen und als der Streifenführer das Unfallopfer sah, erinnerte er sich an ein Fahndungsplakat im Revier und sagte zu seiner Kollegin: „Ich glaube, der Mann wird steckbrieflich gesucht.“ Hartmut hörte das und sagte den Beamten, dass die Mordkommission bereits benachrichtigt sei. Nur wenig später trafen Wellmann und Duru ein und erkannten den Verletzten als Anton Jenner. Mit seiner jungen Kollegin folgte er dem Unfallwagen in die Notaufnahme des Neustädter Klinikums. Dort wurde der immer noch bewusstlose Verletzte geröntgt und mit Verdacht auf Schädelbasisbruch in den OP gebracht. Seine Papiere lauteten auf den Namen Dirk Jahrmann, Geburtstag und Ort stimmten aber mit Anton Jenner überein. Er wohnte in der Nordstraße. „

Als sie die Zweizimmerwohnung in der Nordstraße aufschlossen, fiel ihnen ein weiterer Schlüssel auf, der dort nicht passte. „Damit hat er Frau Ludwigs Wohnung geöffnet, ich möchte wissen, wie er daran gekommen ist“, meinte der Hauptkommissar. In der Wohnung fanden sie einen Arbeitsvertrag als Hausmeister für die vier Neubauten hier in der Straße und. Er hatte einen neuen Führerschein, einen Versicherungsausweis und ein Bankkonto mit etwas über tausend Euro. Sein Laptop war durch ein Passwort geschützt. Sein Kleiderschrank enthielt neben verschiedenen männlichen Kleidungsstücken etwas Wäsche und Strümpfe einer Frau, und im Bad fanden sie Kosmetik, die offensichtlich einer Frau gehörte, außerdem zwei Zahnbürsten. Die Spurensicherung fand eine Reihe von Fingerabdrücken, von denen einige eindeutig Karl Schiemann zugeordnet werden konnten. Ein anderer, der überall in der Wohnung zu finden war, könnte von seiner Größe her zu einer Frau gehören, war aber in den Daten nicht gespeichert.

Das Neustädter Klinikum meldete, der Patient Dirk Jahrmann sei operiert worden, es sei nicht sicher, ob überleben würde, Das Bewusstsein habe er noch nicht wieder erlangt. Wellmann stellte Beamte zu seiner Überwachung ab. Der Vergleich der DNA ergab, dass der Verletzte Anton Jenner war.

Mittwoch früh um 4 Uhr fiel der Nachtschwester Carolin Reimann im Neustädter Klinikum eine fremde, als Krankenschwester bekleidete Frau auf, und sie folgte ihr. Als die Frau Jenners Zimmer betrat, alarmierte sie den Überwachungsbeamten vor der Tür und sie überraschten die Frau beim Versuch, dem immer noch bewusstlosen Verletzten eine Flüssigkeit in den Tropf zu spritzen. Gemeinsam gelang es ihnen, die Frau zu überwältigen. Der sofort alarmierte Nachtdienst-Arzt stellte keine Beeinträchtigung des Verletzten fest.

Um 8 Uhr waren die Kriminalisten im Kommissariat. Die Fingerabdrücke in Jenners Wohnung stammten von der verhafteten Frau und die DNA auf den beiden Zahnbürsten gehörten Jenner und der Frau. Ihr Name war Anneliese Rieker, sie war wohl die Gefährtin von Anton Jenner. „Das ist mehr als nur eine Liebesbeziehung“, meinte Duru, „sonst hätte sie nicht versucht, Jenner umzubringen. Anscheinend weiß er etwas, das für gewisse Leute höchst gefährlich ist.“ „Wir müssen uns auch noch Dr. Schiemann vornehmen, denn wir haben seine Fingerabdrücke in Jenners Wohnung gefunden, er kennt ihn also“, gab Duru dazu. „Als Erstes sollten wir die Frau vernehmen und uns dann um ihn kümmern. Vielleicht kennt er sie ja auch.“

Die Frau arbeitete als Anwaltsgehilfin bei Dr. Schiemann und wohnte im selben Haus wie er. Wellmann erwirkte einen Durchsuchungsbeschluss für dessen Wohnung und schickte Schuster und Duru dorthin. Dann fragte er die Frau nach ihren Beziehungen zu Anton Jenner. „Anton Jenner kenne ich nicht und Dr. Schiemann nur als Arbeitgeber“, antwortete sie, worauf Wellmann lachend erwiderte, ob sie nicht wisse, dass Jenner der wahre Name ihres Gefährten Dirk Jahrmann sei. „Das hat er mir nie gesagt“, behauptete sie, „ich habe nur ein Liebesverhältnis mit ihm.“ „Und vor lauter Liebe wollten Sie ihn umbringen“, meinte der Hauptkommissar. „Ich wollte ihm nur unnötige Leiden ersparen, denn durch die Gehirnblutung wäre er nie wieder richtig zum Bewusstsein gekommen“, war ihre Antwort. „Aha, die barmherzige Samariterin“, lachte Wellmann, „Dirk Jahrmann weiß etwas, das für bestimmte Leute gefährlich ist, und diese Leute fürchten, dass er in seinem Zustand nicht mehr sicher genug ist Was ist das und wer sind diese Leute?“ Die Frau behauptete, darüber nichts zu wissen.

Oberkommissar Schuster rief an, man habe in Schiemanns Räumen Fingerabdrücke von Anton Jenner gefunden. Als er mit Dr. Schiemann eintraf, nahmen ihn die beiden Kommissare gleich ins Verhör. „Sie haben uns nach Strich und Faden belogen, dass Sie Anton Jenner nicht kennen, denn wir haben seine Fingerabdrücke überall in Ihren Räumen gefunden“, begann der Hauptkommissar. Ein Anton Jenner sei ihm nicht bekannt, versuchte der Anwalt, sich heraus zu reden, worauf Wellmann der Kragen platzte: „Und den unter dem falschen Namen Dirk Jahrmann lebenden Glatzkopf wollten Sie auch nicht erkannt habe, das ist nämlich der Anton Jenner, von dem die Fingerabdrücke in ihren Räumen stammen.“ Er wisse überhaupt nicht, wovon der Hauptkommissar rede, erwiderte der Anwalt, er kenne Dirk Jahrmann flüchtig, wisse aber nichts von anderen Namen und habe ihn auf den Bildern nicht erkannt. In dem Moment rief Duru an, sie habe in der Kanzlei gut versteckte Unterlagen gefunden, nach denen der Anwalt dem Anton Jenner neue Papiere auf den Namen Dirk Jahrmann beschafft habe, sie schicke einen Beamten damit ins Kommissariat. Der hielt dem Anwalt die Unterlagen vor die Nase. Er habe den Mann doch nur nach seinem Prozess aus der Schusslinie nehmen wollen, stotterte der, nachdem er sich von seinem Schrecken erholt hatte. Das Klinikum meldete, der Verunglückte habe das Bewusstsein wieder erlangt, leide aber unter einer totalen Amnesie. Er wisse nicht, wer er sei und könne sich weder an sein bisheriges Leben, noch an die gestrigen Geschehnisse erinnern.

Nach dem Mittag verhörten die Beamten Frau Rieker erneut. Die Mitteilung, dass ihr Freund erwacht sei, sich aber in totaler Amnesie befinde, nahm sie bedrückt zur Kenntnis. „Warum hat Ihr Chef Sie beauftragt, Ihren Geliebten im Klinikum umzubringen?“, fragte Wellmann sie direkt, worauf sie irritiert zurück fragte: „Hat er das gesagt?“ Der Hauptkommissar bluffte: „Ja sicher, aber er wollte keinen Grund nennen. Vielleicht können Sie uns etwas darüber sagen. Sie werden wegen versuchten Mordes angeklagt werden, das bringt mindestens zehn Jahre Haft. Wenn Sie kooperieren, also rücksichtslos alles auspacken, was Sie wissen, kann das strafmildernd wirken. Wir wollen von Ihnen wissen:

1.Seit wann kennen Sie Dirk Jahrmann?

2.In welchem Verhältnis steht er zu Dr. Schiemann?

3.Warum sollten sie ihn töten und woher kam das Gift?

4.Was wissen Sie über seine Vergangenheit bei der Stasi?

5.Was wissen Sie über den Mord an Britta Ludwig?“

Den IT-Spezialisten war es gelungen, die Passworte der Laptop zu entschlüsseln und die Daten zu öffnen. Jenner hatte auf seinem recht alten Laptop teilweise detaillierte Beschreibungen über seine Tätigkeit als Spitzel und Verhörbeamter, bis er seine Opfer der Justiz übergeben konnte. Die benutzten Methoden hatte er nicht beschrieben. Die Hetzparolen und Beleidigungen, die vor vier Jahren zu seinem Prozess geführt hatte, waren enthalten und der Prozess selbst war ausführlich beschrieben. Fotografien seiner alten und neuen Papiere waren miteinander gespeichert. Interessant waren Überlegungen, ob er sich Frau Rieker anvertrauen könne.

Bernhard erwartete Duru schon mit dem Abendbrot. Bei einem Glas Wein erzählten sie einander von ihrem Tag. Sie überlegte, was sie ihm von ihren Ermittlungen berichten durfte, eigentlich war gar nichts erlaubt. Doch die geheime Verbindung zwischen Jenner und Schiemann bedrückte sie und sie berichtete, dass sie in zwei Computern nichts gefunden habe, was da eigentlich gespeichert sein müsste. Bernhard überlegte einen Moment, dann fragte er: „Habt ihr nach versteckten Dateien oder Ordnern gesucht? Ich nehme an, dein Verdächtiger hat seine Geheimnisse auf diese primitive Weise geschützt.“ Duru sprang auf und küsste den Freund herzlich. „Hab‘ Dank, mein Lieber“, rief sie, als ihr Mund wieder frei war, „Ich denke, das kann uns weiter helfen. Und jetzt lass‘ uns zu einer angenehmeren Tätigkeit übergehen.

Gleich am nächsten Morgen nahm Duru sich Jenners Notebook vor und probierte den Vorschlag ihres Freundes. Sie fand zwei Ordner, die bisher nicht zu sehen gewesen waren. Einer hatte den Namen „Partei“ und erhielt eine große Zahl detaillierter Dateien über kriminelle Aktionen, die Jenner – teilweise mit anderen Leuten – im Auftrag der Nazipartei ausgeführt hatte, ohne dass die Täter gefasst worden waren. Bei vielen war Dr. Schiemann als Auftraggeber vermerkt. Der zweite Ordner hieß „Rückblick“. Er enthielt zwei Unterordner mit den Namen „Partner“ und „Ludwig“. In beiden befanden Gedanken über seine Gefährdung durch sie und die Möglichkeiten, sie auszuschalten. Aus dem Ordner „Partner“ ließ sich mit wenig Mühe ermitteln, dass Jenner diesen Mann auf Anregung von Dr. Schiemann umgebracht hatte, Die erste Datei im Ordner „Ludwig“ war die Kopie einer Quittung für einen Schlüssel von Dr. Schiemann. „Der war doch mal mit Frau Ludwig befreundet und hat sicherlich von ihr einen Schlüssel bekommen, den er kopiert hat“, resümierte Wellmann. Eine Notiz von Dr. Schiemann wies darauf hin, dass Frau Ludwig dabei sei, den Mord an Achim Partner aufzuklären und Jenner dringend etwas tun müsse. In weiteren Dateien war der Lebensablauf von Frau Ludwig genau beschrieben und der Tag des Mordes mit der Uhrzeit 9:30 markiert. „Da hat er also den Mord genau geplant, zu dem Schiemann ihn gedrängt hat“, resümierte der Hauptkommissar. „Mit diesen Daten können wir beide rankriegen.

„Damit sind einige der Fragen schon beantwortet, die wir Frau Rieker gestellt haben, lasst sie holen“, entschied der Chef. Als die Frau im Verhörraum war, begrüßte er sie mit der Frage, ob sie seine Fragen vom letzten Tag beantworten wolle, was sie bestätigte. „Ich habe in der Nacht nachgedacht und begriffen, mit welchen Verbrechern ich mich eingelassen habe“, erwiderte sie langsam, „und ich will alles tun, um ihre Machenschaften aufzuklären. Dazu gebe ich Ihnen jetzt meine Antworten:

zu 1. Dirk Jahrmann habe ich vor einem Jahr bei meinem Chef kennen gelernt. Wir kamen uns näher und allmählich habe ich mich in ihn verliebt. Von seiner früheren Identität habe ich keine Ahnung.
zu 2. Ich hatte stets den Eindruck eines engen Verhältnisses zwischen Dirk und meinem Chef. Sie haben in der Kanzlei häufig lange Gespräche geführt, von deren Inhalt ich nichts mitbekommen habe.
zu 3. Die Idee, Dirk zu töten, kam von meinem Chef, er hat mich überzeugt, dass ich ihm damit unnötige Leiden ersparen würde. Er hat mir sogar den Schwesternkittel und die Giftspritze besorgt.
zu 4. Über seine Vergangenheit in der DDR hat Dirk nie mit mir gesprochen. Wir hatten Besseres zu tun, als uns auszuforschen, denn wir haben uns innig geliebt.
zu 5. Dirk war an den letzten Tagen angespannt und hatte keine Zeit für mich. Ich weiß nichts über seine Absichten, habe allerdings auch nie geglaubt, dass er imstande sein könnte, eine Frau umzubringen.“

„Ich danke Ihnen, Sie haben uns sehr geholfen“, wandte Wellmann sich an die Frau. „Einiges haben wir inzwischen auch schon heraus bekommen, aber vieles haben Sie bestätigt. Ich werde beim Staatsanwalt ein gutes Wort für Sie einlegen.“ Mit diesen Worten ließ er sie in ihre Zelle zurückbringen.

Am selben Tag war Harald schon kurz nach 8 Uhr bei Carolin. Sie war gerade vom Dienst gekommen und hatte das Frühstück bereitet. Während sie aßen, berichtete sie von dem verhinderten Anschlag auf den Verunfallten vorgestern früh und Harald lobte sie dafür. Beim Essen erinnerte Carolin sich an etwas, worüber sie letzte Nacht im Klinikum nachgedacht hatte: „Der verunfallte wahrscheinliche Mörder von Britta ist gestern aus dem Koma erwacht. Allerdings hat er eine totale Amnesie und kann sich an nichts erinnern. Bestimmte Verhaltensweisen vermitteln mir aber Eindruck, dass er die Amnesie nur simuliert, um der Strafverfolgung zu entgehen. Jetzt denke ich darüber nach, wie man ihm das nachweisen kann.“ Harald hatte eine Idee: „Man muss ihn völlig unerwartet mit einer Person konfrontieren, die ihm sehr viel bedeutet, am besten damit aus dem Schlaf wecken, wenn er noch nicht bei sich ist. Melde doch deinen Verdacht mal der Polizei, vielleicht kennen sie solche Person.“ Carolin rief den Hauptkommissar an, der dankbar antwortete, er kenne eine solche Person und würde sich wieder melden, nachdem er die Sache mit seinen Kollegen besprochen habe.

„Damit will er sich der strafrechtlichen Verfolgung entziehen“, meinte Oberkommissar Schuster. „Der Vorschlag der Krankenschwester hat etwas für sich, wir müssen nur Frau Rieker dafür gewinnen.“ Sie ließen die Frau kommen und baten Duru, das Gespräch mit ihr zu beginnen. „Sie sagten, dass Sie Dirk Jahrmann sehr geliebt haben, und als Frau weiß ich, was das bedeutet. Ich glaube Ihnen auch, dass Ihr Versuch, ihn im Klinikum umzubringen, ein Akt der Liebe war,. Aber heute Vormittag sagten Sie, Sie hätten begriffen, mit welchen Verbrechern Sie sich eingelassen haben und wollten alles tun, um ihre Machenschaften aufzuklären. Sind Sie noch immer dieser Meinung?“ „Ja, ich stehe zu meinen Worten“, antwortete Frau Rieker entschieden.

„Dann will ich Ihnen erklären, was Sie tun können“, fuhr die Kommissarin fort. „Im Klinikum besteht der Verdacht, dass Ihr früherer Freund seine Amnesie nur simuliert, um der Strafverfolgung zu entgehen. Wir haben vor, ihn mit einem Schock zu überraschen, so dass er die Simulation vergisst. Wären Sie bereit, ihn heute Nacht im Schlaf herzlich zu küssen und ihm liebevoll zu sagen, wie froh Sie sind, dass er erwacht ist?“ Frau Rieker dachte einen Moment nach, dann antwortete sie: „Ja, ich bin dabei, denn ich will es wieder gut machen, dass ich mich mit diesen Verbrechern eingelassen habe.“  „Jetzt muss ich noch unsere Krankenschwester informieren, denn die ist mit die wichtigste Person bei der Aktion“, meinte Duru und rief Carolin an, die sich darüber freute, dass ihre und Haralds Idee angekommen war.

Um 23 Uhr trafen die Kommissare mit Frau Rieker im Klinikum bei Carolin Reimann ein und gingen mit ihr zu Jenners Zimmer. Mit den Kommissaren und Harald versteckte Carolin sich in einer Ecke. Sie drückte ihre Lippen auf den Mund des Patienten und als er erwachte und den Kuss zurückgab, flüsterte sie „Hallo, mein Liebling, ich bin ja so froh, dass du aufgewacht bist, wie fühlst du dich?“ Spontan antwortete der Patient: „Ach, meine Liebe, das ist ja wundervoll, dass du hier bist, aber niemand darf wissen, dass ich bei Verstand bin.“ „Was ist denn passiert?“, fragte Frau Rieker. „Als der junge Freund von Britta Ludwig mich verfolgte, bin ich unachtsam vor ein Auto gelaufen. Ich hoffe, du kannst mich hier rausholen und Karl muss mich ins Ausland bringen.“

„Das genügt“, rief Wellmann und schaltet das Licht ein. „Wir sind von der Mordkommission und verhaften Sie wegen des Mordes an Britta Ludwig. Ihren Computer mit den versteckten Dateien haben wir geknackt. Wenn Sie bereit sind, gegen Karl Schiemann auszusagen, den wir auch schon festgenommen haben, könnte Ihnen das mildernde Umstände einbringen. Woher kennen Sie ihn?“ Der Mann war brauchte eine Weile, um sich zu sammeln, bis er sich schließlich an seine Freundin wandte: „Das war eine ganz fiese Tour, ich habe wirklich geglaubt, dass du mich liebst. Warum hast du das getan?“ Mit fester Stimme antwortete Frau Rieker: „Weil ich erkannt habe, was für eine Mörderbande ihr seid, du und dein Freund. Er hat mich sogar animiert, dich umzubringen, damit du nichts ausplauderst, und nur diese Krankenschwester hat dich gerettet.“

Wieder brauchte der Mann eine Weile, um ihre Worte zu verdauen, dann wandet er sich an Wellmann: „Ich will kooperieren und ihre Fragen beantworten: Da ich mit meiner Vergangenheit nichts anfangen konnte, nutzte Karl mich für spezielle Aufgaben der rechten Szene. Vor fünf Jahren machte er mich darauf aufmerksam, dass Achim Partner hinter mir her war, und empfahl mir, ihn auszuschalten. Leider war ich bald danach so blöd, Beleidigungen von mir zu geben und wurde dafür verurteilt, doch um mich weiter nutzen zu können, verschaffte Karl mir neue Papiere. Vor zwei Jahren begann er ein Verhältnis mit Britta Ludwig, die aber nach einer Weile seine Gesinnung erkannte und sich von ihm trennte. Weil er gemerkt hatte, dass sie mich beobachtet, trug er mir vor zwei Wochen auf, sie auch auszuschalten, wozu er mir ihren Wohnungsschlüssel gab. Ich bedaure, ihm gefolgt zu haben, aber ich kann es nicht rückgängig machen.“

Die Kommissare nahmen erschüttert diese Aussage zur Kenntnis, der Chef dankte allen Beteiligten und verfügte, den Patienten ins Gefängniskrankenhaus zu überführen. Dann schickte er die Kollegen nach Hause und brachte Frau Rieker wieder in ihre Zelle. Am Morgen bestätigte der Haftrichter die Untersuchungshaft für Dr. Schiemann, Anton Jenner und Anneliese Rieker. Der Hauptkommissar vereinbarte mit dem Staatsanwalt, im Prozess gegen Anneliese Rieker mildernde Umstände wegen ihrer Hilfe bei der Enttarnung von Jenners Amnesie vorzusehen.

                                                                                              

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